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Der Schöne Mann – Tipps von Walt Whitman

Ein Buchtipp nicht nur für Männer von den Autoren mehrerer USA-Bände bei Iwanowski’s, u.a. „USA-Ostküste“, „USA-Nordosten“ oder „USA-Westen“, Dr. Margit Brinke – Dr. Peter Kränzle, August 2018

Inhalte

Nächstes Jahr feiert die Literaturwelt am 31. Mai den 200. Geburtstag des Begründers der modernen amerikanischen Dichtung: Walt Whitman (1819-1892). Berühmt wurde der „Donnerer von Manhattan“ – so Thomas Mann – mit seiner ab 1855 in regelmäßigen Abständen publizierten, ständig erweiterten Gedichtesammlung „Leaves of Grass“ („Grashalme“). Graduell wuchs das Werk von anfangs 12 auf fast 400 Gedichte in der 9. und letzten Ausgabe 1892 an.

Vollkommene maskuline Schönheit

Dennoch wäre es falsch, Whitman auf diesen monumentalen Gedichtzyklus zu reduzieren. Er war vielseitig, arbeitete als Zimmermann, Makler, Sekretär und Journalist. Unter dem Pseudonym „Mose Velsor“ veröffentlichte er beispielsweise eine „Ode an den Mann“. Whitman schrieb damit eine Hymne auf den männlichen Körper und zeigte auf, dass nicht nur Frauen durch Schönheit, Leichtfüßigkeit, Stimme und andere Attribute bestechen, sondern auch Männer.
Zwischen 12. September und 26. Dezember 1858 erschien dieser Leitfaden unter dem Titel „Manly Health and Training. To Teach the Science of a Sound and Beautiful Body“ in 13 wöchentlichen Kolumnen in der Sonntagszeitung „New York Atlas“. 150 Jahre sollten die Artikel in den Archiven schlummern, ehe sie der Doktorant Zachary Turpin von der University Texas im Sommer 2015 entdeckte. Grandios von Hans Wolf übersetzt, erschien diese Kolumnensammlung nun bei dtv Literatur unter dem bezeichnenden Titel „Der schöne Mann“.

In Zeiten, in denen Ratgeber und Sachbücher wie „Die potente Frau“ großen Zuspruch finden, passt ein Band wie „Der schöne Mann“ bestens ins Buchregal – auch wenn dieser über 150 Jahre alt ist. Doch der einerseits kuriose, andererseits köstliche Lesespaß zeigt ganz schnell, dass sich in den letzten 150 Jahren wohl wenig geändert, was einfache Gesundheitstipps angeht, die zum „vollkommenen Körper“ führen sollen: Frische Luft, gutes Essen, regelmäßige, aber maßvolle Bewegung usw.

Beim Lesen gerät man als Leser immer wieder ins Schmunzeln, dabei ist es Whitman durchaus ernst, wenn er beispielsweise schreibt: „Es liegt auf der Hand, dass ein stabiler, kräftiger Körperzustand, … eine heilsame Wirkung auch auf die Sinne ausübt, …“

„Der schöne Mann“ ist eine Anleitung zur Selbstertüchtigung, mit einer Fülle an Tipps, wie Mann seinen Körper und Geist perfektioniert um vom „normalen“ zum „schönen Mann“ zu werden. Das reicht von einer reinen Fleischdiät über das Rezitieren von Gedichten im Freien, vom Tanzen bis zum Boxen, von den Vorteilen von Sportarten wie Baseball, Cricket oder Hurling, vom Schwimmen und von der Gymnastik. Doch stets mahnt Whitman: „Leibesübungen nicht übertreiben!“

Manneskraft und Homoerotik

Natürlich kommt Whitman auch auf die „Manneskraft“ zu sprechen, doch es gibt auch Passagen, die sich befremdlich lesen, z. B. wenn es um einen „makellosen Körper“ oder um „makelloses Blut“ geht, was allerdings nicht als rassistisch interpretiert werden darf.

„Er ist Amerika“ hat Ezra Pound einmal über Whitman gesagt. In der Tat ist sein Gedichtband „Grashalme“ bzw. „Grasblätter“ (die bessere Übersetzung) ein großartiges Werk, über das im Jubiläumsjahr 2019 noch viel gesprochen werden wird. Das Büchlein „Der schöne Mann“ ist ein unglaubliches Lesevergnügen, voller Humor, Männlichkeit und auch voller Homoerotik. Heute glaubt man, dass Whitman homosexuell war, obgleich er sich selbst nie dazu äußerte.

Wie die Gedichte sind seine Ausführungen zum „schönen Mann“ nicht leicht zu übersetzen. Hans Wolf, der u. a. Werke von Cormac McCarthy, Richard Yates oder Arthur Conan Doyle übersetzt hat, hat jedoch gute Arbeit geleistet. Wolf hat am Ende des Buchs ein kurzes, informatives Nachwort angefügt, das sich nicht nur mit diesem Werk, sondern auch kurz mit dem Leben Whitmans beschäftigt. Illustriert ist das Buch mit historischen Fotos und Stichen zu dem Autor und seiner Zeit, aber auch mit historischen Zeichnungen bzw. Fotos von Turn- und Gymnastikübungen.

Walt Whitman, Der schöne Mann. Das Geheimnis eines gesunden Körpers, dtv Literatur (München). Aus dem amerikan. Englisch und mit einem Nachwort von Hans Wolf. Deutsche Erstausgabe, 280 Seiten, gebunden, mit Lesebändchen, ISBN 978-3-423-28148-5, 18 €.

© Text: Dr. M. Brinke – Dr. P. Kränzle
Fotos: © M. Brinke mit Ausnahme Buchcover (© dtv Verlag) und Walt Whitman-Porträts (©wikipedia commons), ersteres von 1854, zweites von 1872.

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