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Chile: „Wo die Welt zu Ende ist“ – eine Reise im schmalsten Land der Erde

„Chile – das schmale Blütenblatt aus Meer und Wein und Schnee“ (Pablo Neruda)

Endlos lange 4.300 Kilometer erstreckt sich der südamerikanische Staat von Norden nach Süden als schmaler Streifen an der Pazifikküste. Auf der anderen Seite erhebt sich die unüberwindliche Barriere der Anden in den Himmel. Dazwischen ein Kaleidoskop von Landschaften und Eindrücken. Chile ist ein Traumreiseziel für Individualisten und Naturliebhaber: die Hochanden mit ihren Nationalparks, die Atacama, die trockenste Wüste der Welt, die Kontinentalstraße Panamericana sowie den wilden Süden mit seinen unzähligen Inseln und Gletschern. Ein ganz besonderer Höhepunkt jeder Chile-Reise ist die Osterinsel. Hier gibt es mehr Geheimnisvolles zu entdecken als nur die gigantischen Statuen der Moai … 23 Tage bin ich einmal der Länge nach per Flugzeug, Bus und Boot durch das schmalste Land der Erde gereist und kann es ohne Abstriche nur weiterempfehlen. Die beeindruckende Natur, die faszinierende Kultur und die freundlichen Menschen haben diese Reise zu einem unvergesslichen Erlebnis werden lassen.
Ein Reisebericht von Claudia Heinrich im Dezember 2017.

Inhalte

Santiago – Pulsierendes Kulturzentrum

Schon der Anflug auf die Hauptstadt Santiago, einmal quer über die Anden, verspricht einen Urlaub der Superlative. Ist man erst einmal in der 6,5 Millionenstadt gelandet, sollte man sich am besten einen ersten Überblick verschaffen, und zwar vom Cerro San Cristobal. Der Hausberg Santiagos liegt etwa 300 m hoch und ist mit einer Standseilbahn, dem Funicular, zu erreichen. Natürlich geht es auch zu Fuß hinauf. Als Belohnung winkt in jedem Fall eine grandiose Aussicht über die Stadt. 
Außerdem gibt es noch eine Marienfigur, eine kleine Kirche und die Möglichkeit, seine persönlichen Wünsche in Form von symbolischen Gegenständen der Mutter Gottes mitzugeben. Zwei bis 3 Tage sollte man auf jeden Fall für Santiago de Chile einplanen.


Valparaiso der Stadt der Aufzüge

Einen Besuch wert und besonders bei Kunstfreunden beliebt ist der am Pazifik gelegene Küstenort Valparaío, dessen Altstadt zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt. Die Stadt gilt als kulturelle Hauptstadt Chiles.



Die bunten Häuschen ziehen sich malerisch über die vielen Hügel. Hunderte von Graffitis verschönern ihre Fassaden. Damit man nicht ständig Treppen steigen muss, verbinden 16 hölzerne Aufzüge (ascensor) die Unter- mit der Oberstadt. Auf dem Markplatz ist wieder einmal Fiesta. Auch die lokale Polizei zeigt, dass sie die Cueca, den chilenischen Nationaltanz, mehr als beherrscht.
Kein Wunder, dass bei dieser kreativen und entspannten Atmosphäre auch der berühmte Dichter Pablo Neruda (Foto: Villa) sich hier niedergelassen hat. Aber genug mit Kultur – Chile hat auch eine ganz besondere Natur zu bieten.

Atacama – die trockenste Wüste der Erde

Auf über 4.000 km Länge sind verschiedene Klima- und Vegetationszonen zu finden.
Im Norden erstreckt sich auf etwa 1.200 Länge die trockenste Wüste der Erde: die Atacama. Flamingos, Lagunen … und die ersten Vikunjas tauchen auf. Eine faszinierende und unwirtliche Mondlandschaft hier am Wendekreis des Steinbocks.



Ein Extrem jagt das nächste: Um 4 Uhr morgens geht es auf das höchst gelegene Geysir-Feld der Erde: El Tatío. Mehrere Lagen Kleidung sollen gegen die eisige Kälte schützen. Auf 4.320 m Höhe spürt man den Sauerstoffmangel durch die extreme Höhe – mir ist etwas schwindelig. Heißer Wasserdampf schießt aus dem Boden und taucht die ersten Sonnenstrahlen in ein magisch, diffuses Licht. Weiter geht die Reise vorbei an alten Kirchen. Gras fressenden Lamas und stachligen Riesenkakteen. Die Straße scheint unendlich.
Das Abendprogrammm an diesem Tag bestimmt der Sonnenuntergang im Valle de la Luna (Foto). Abschied von der Wüste.

Informationen zur Höhenkrankheit:
In Höhenlagen kommt wegen der geringeren Sauerstoffkonzentration in der Luft die Höhenkrankheit (Soroche) vor. Die verschiedenen Symptome können bei jedem unterschiedlich stark auftreten (manche Menschen haben auch überhaupt keine Probleme mit der Höhe). Dazu gehören Kopfschmerzen, Kurzatmigkeit, Atemnot, Herzrasen, Schlaflosigkeit und Übelkeit bis hin zum Erbrechen. Im Extremfall hilft die Gabe von Sauerstoff aus der Flasche. Der Kranke muss sofort in niedrigere Bereiche transportiert werden. Wenn man sich in irgendeiner Form schlecht fühlt, sollte man eher zu früh als zu spät absteigen.
Maßnahmen zur Vorbeugung:
• viel trinken (Wasser ohne Kohlensäure, keinen Alkohol, evtl. Coca-Tee, der in den nördlichen Andenregionen überall zu bekommen ist)
• leicht essen (wenig Fleisch)
• Zeit zur Akklimatisierung: Man sollte sich nicht von Meereshöhe direkt auf die höchsten Andengipfel wagen, sondern dem Körper mindestens einen Tag auf halber Höhe zur Anpassung geben.
(Quelle: Iwanowski’s Reiseführer Chile)

Die Chilenische Schweiz

Der „Kleine Süden“, wie die seenreiche Region mit ihren Vulkanen südlich von Pucón, genannt wird, bietet fantastische Möglichkeiten für Outdoor-Aktivitäten. Auf kilometerlangen Wanderungen, bei Vulkanbesteigungen oder Bootsfahrten lässt sich die malerische Natur besonders gut erkunden. Die Anstrengungen des Tages kann man dann in einem der vielen Thermalbäder einfach von sich „abwaschen“.
Reichlich deutsch geht es bei Puerto Varas  zu. Eine der idyllischsten Siedlungen mit der höchsten Dichte an „Kuchenläden“ ist Frutillar. In der ersten deutschen Siedlung (gegründet Ende des 19.Jh.) ist man sehr stolz auf die germanische Vergangenheit und die dazugehörigen Teigwaren.



Kuchen wird hier an jedem Kisosk verkauft. Allerdings sollte man sich dann bei den überdimensionierten Kuckucksuhren und (Balkon)Zwergenaufmärschen doch die Frage stellen, was für ein Bild haben die hier eigentlich von ihren Vorfahren aus Deutschland?


Dann lieber doch wieder rein in die Natur. Der Vulkan Osorno gehört wohl zu den schönsten hier in der Gegend und liefert einen Gipfel wie aus dem Bilderbuch. Bei einer Bootsfahrt auf dem Lake Todos los Santos zur Marieninsel oder bei den Petrohue Falls kann man die Schönheit des Vulkans mit der schneebedeckten Koppe aus mehreren Blickwinkeln betrachten.

Chiloe – Insel der Mythen und Legenden

Wieder auf’s Schiff. In etwa 30 Minuten erreicht man mit der Fähre die Insel Chiloé, der zweitgrößen Insel Chiles nach Feuerland. Vorbei an einer malerischen Bauernlandschaft mit alten Holzkirchen und idyllischen Buchten führt der Weg nach Ancud und zum Pinguin-Strand von Puñihuil. Noch haben sich nur wenige Pärchen ein-/wiedergefunden.


In Castro, der Inselhauptstadt, trifft man auf die berühmten Stelzenhäuser, die Palafitos. Mittlerweise sind kleine, gemütliche Restaurants in die über dem Wasser schwebenden, bunten Gebäude eingezogen und laden mit traditionellen Gerichten zum Abendessen ein, zum Beispiel Curanto.

Curanto: Ein typisches Gericht, sowohl auf Chiloé als auch auf der Osterinsel, ist das Curanto. Ursprünglich wurden verschiedene Muscheln, Fisch, Huhn, Fleisch und Gemüse in einem Erdloch über erhitze Steine gelegt, mit großen Blättern (z. B. der Pangue-Pflanze) zugedeckt und sich selbst überlassen. Nach einigen Stunden war das Gemisch gar und konnte gegessen werden. Heute wird das Curanto oft im Topf zubereitet. Eine besondere Spezialität Chiloés ist der Cochayuyo, ein Auflauf, der aus verschiedenen Gemüsen, Ei, Sahne, Käse und Algen besteht.
(Quelle: Iwanowski’s Reiseführer Chile)

Wir verabschieden uns von Chiloe und seinen Bewohnern und fahren weiter … nun in den richtigen Süden: nach Patagonien.

Unterwegs auf der „Ruta del Fin del Mundo“

Es wird kälter und menschenleer – wir sind auf dem Weg an Ende der Welt. Das Straßenschild inmitten der Pampa verrät unser Ziel: Ruta del Fin del Mundo. Es geht in den Nationalpark Torres del Paine.



Die markanten Bergspitzen des Torres-Massivs sind von überall sichtbar. Guanacos kreuzen den Weg und vervollkommnen das perfekte Fotomotiv. Die nächsten Tage sind dazu da, diese einzigartige Landschaft zu erkunden. Die Wanderstiefel sind geschnürt. Es geht vorbei an türkisblauen Lagunen, gewaltigen Wasserfällen und wunderschönen Bergzügen.

Punta Arenas – die südlichste Stadt der Welt

Die Luft ist klar, die Sonne scheint … ein eisiger Wind schneidet im Gesicht. Punta Arenas, die größte Stadt hier in Südpatagonien, kommt freundlich und sauber daher. Kleine Geschäfte, fast menschenleere Straßen und eine üppig bewachsene Plaza de Armas.



Ein Strandspaziergang direkt an der berühmten Magellanstraße muss natürlich sein. Aufwärmen kann man sich im einzigen Strandcafe „Café Imago“: Leckere Café-Spezialitäten, Kuchen zum darnieder knien und eine tolle Aussicht auf das Wasser – in der Ferne erkennt man die Umrisse von Feuerland. So nah am Südpol war ich noch nie. Frisch gestärkt sollte man dann auf jeden Fall den außergewöhnlichen Friedhof der Stadt besuchen. Neben großen Sarkophagen kann man hier auch kleine „Schließfächer“ mit eigenem Schaufenster (zur alten Welt) anmieten.

Die einsamste Insel der Welt –  Osterinsel

Wieder fliegen. Nach etwa 5 Stunden ab Santiago in westlicher Richtung (3.700 km) erscheint ein kleiner grüner Klecks Land mitten im Pazifik – die nächste Station wäre dann Papeete auf Tahiti. Gigantische Moai sind über das fast baumlose Eiland verteilt, etwas Mystisches liegt in der klaren Luft des Südsee-Paradieses.

Zwei große Hochkulturen haben auf der Osterinsel ihre Spuren hinterlassen. Zum einen finden sich fast überall die gigantischen Moai zum anderen stößt man hier auf die Hinterlassenschaften des legandären Vogelmannkultes, der auch in anderen Teilen Polynesiens bekannt ist. Weitere Informationen zum bisherigen Stand der Forschung kann man auch hier noch genauer nachlesen.

Die Legende von Kurz- und Langohren

Die Einheimischen erzählen, dass die Insel einst von König Hotu Matua und seinem Gefolge in Besitz genommen wurde. Er landete in der Bucht von Anakena und ging dort mit seinem Stamm der „Langohren“ an Land. Später kam noch eine zweite Gruppe von Einwanderern, die „Kurzohren“, hinzu, deren Anführer Tuukoihu hieß. Nachdem die Langohren und die Neuankömmlinge einige Zeit friedlich nebeneinander gelebt hatten, kam es zu immer heftigeren Konflikten, die schließlich dazu führten, dass die Langohren praktisch ausgerottet wurden.


Der entscheidende Kampf hat der Legende nach auf der Poike-Halbinsel stattgefunden: Die Kurzohren überfielen dort eines Nachts die Langohren und töteten alle bis auf einen Mann. Dieser konnte eine neue Dynastie begründen. Wahrscheinlich markiert der Sieg der Kurzohren über die Langohren auch das Ende der Bildhauerkunst, die vielen umgefallenen und halbfertigen Moais am Rano Raraku stammen wohl aus dieser Zeit.
(Quelle: Iwanowski’s Reiseführer Chile)

Orongo und der Vogelmannkult

In Orongo lebte der Vogelmann (Zeichnung, re.), der oberste Priester der Insel. Hier wurden auch die Zeremonien für die Wettkämpfe veranstaltet, bei denen der Vogelmann bestimmt wurde. An diesen Kämpfen nahmen jeweils die besten Krieger jedes Stammes teil. Der letzte und entscheidende Wettbewerb bestand darin, ein Ei der schwarzen Seeschwalbe von der Vogelinsel zu holen. Dazu mussten die jungen Männer an der Steilküste herunterklett ern und durch die Brandung zur Vogelinsel Motu Nui schwimmen. Dort mussten sie in den Felsen herumklettern, bis sie ein Ei fanden, das sie dann heil zum anderen Ufer bringen mussten. Den Rest des Jahres war das Dorf praktisch ungenutzt.
(Quelle: Iwanowski’s Reiseführer Chile)


Einen schönen Eindruck vom möglichen Leben auf der Osterinsel bietet der Abenteuerfilm Rapa Nui.

Das soziale und touristische Zentrum auf der Osterinsel ist die einzige Siedlung, in dem fast alle Bewohner leben, Hanga Roa mit seinem kleinen Hafen. Anakena, im Norden der Insel,  ist der einzige (weißsandige) Badestrand. 


An freien Tagen pilgert ganz Hanga Roa mit Autos, Pferden und Motorrädern hierhin, um im türkisblauen Wasser zu baden und sich leckere Empanadas an den Picknick- und Grillplätzen schmecken zu lassen. Einen besonderes schönen Sonnenuntergang kann man bei den Moai in Tahai erleben.  Dann versinkt die Sonne in verschiedenen Rottönen hinter den fünf Moais im Meer und bietet ein fast schon kitschiges Bild.

Fotos und Text: Claudia Heinrich (PR, Vertrieb und Marketing, Iwanowski’s Reisebuchverlag)

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