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Bierboom im Weinland – zu Besuch im Wine Country von Washinton State

Von den Autoren mehrerer USA-Bände, darunter „USA-Westen“ und „USA-Nordwesten“, Dr. Margit Brinke – Dr. Peter Kränzle, April 2019

Inhalte

Fjorde und Küstenwälder, Vulkane und Hochwüste, eine Metropole wie Seattle und beschauliche Dörfer: Der US-Bundesstaat Washington präsentiert sich vielseitig und wird durch die Cascade Mountains in die „wet side“ im Westen, an der Küste, und die „sunny side“ im Osten getrennt. Im Südosten, mitten in der Hochwüste des Columbia-Plateaus fließen drei mächtige Ströme – Columbia, Snake und Yakima River – zusammen. Das Klima und der Wasserreichtum haben hier die Kornkammer und das Obst- und Gemüsezentrum des Nordwesten entstehen lassen. Inzwischen spielt jedoch auch der Weinbau eine wichtige Rolle.


Im Wilden Westen des Weines

Einst als „Wilder Westen“ der Weinbranche bekannt, gibt es inzwischen über 950 Weingüter (wineries) in Washington State. Trauben wachsen vor allem im Yakima und im Columbia Valley sowie zunehmend in der Region um das Städtchen Walla Walla, im äußeren Nordosten des Bundesstaats. Bei insgesamt rund 185 qkm Anbaufläche ist Washington nach Kalifornien die Nummer 2 in der US-Wein- und Traubenproduktion.

Weinreben in Washington State

Insgesamt sind 14 Gebiete als Weinregionen oder „AVAs“ (American Viticultural Areas) ausgewiesen. Das Columbia Valley stellt die größte Appellation dar – sie nimmt allein ein Viertel der Gesamtfläche des Bundesstaates ein. Teil des Columbia Valley ist das Yakima Valley, 1983 als erste Appellation in Washington eingerichtet. Weitere bedeutende Weinbaugebiete sind die Region um den Red Mountain – der wärmste Ort im ganzen Tal in etwa 350 m Höhe mit sehr sandigen Böden –, oder Walla Walla Valley, die kleinste Region mit großen Weingütern wie L’Ecole 41.

Weinanbau am Red Mountain

Das „Palm Springs of Washington“

Man frägt sich, warum ein Schild an der Autobahn I-82 die Stadt Yakima als das „Palm Springs of Washington“ bezeichnet. Auf den zweiten Blick findet man in der Ortschaft mitten im Agrarzentrum des Yakima Valley durchaus Verbindungen zur kalifornischen Sommerfrische: „Retro Cool“ sind historische Bauten wie das Hotel Maison (http://thehotelmaison.com) mit seiner top- erhaltenen Freimaurerloge, das renovierte Capitol Theatre (https://capitoltheatre.org), die Yakima Sports Center Bar mit seinem alten Neon-Leuchtschild, der zum Kaffeehaus mutierte Bahnhof, das Yakima Train Depot von 1909 (www.northtowncoffee.com) oder, in einem nahen Lagerhaus in Old North Town, die Hop Nation Brewery.


Kana Winery in Yakima

Wie in Kalifornien versteht man sich auch hier auf Genuss und bezeichnet sich gern als „Happy Hour Heaven“. Da sind nämlich nicht nur mitten in Downtown die Tasting Rooms mehrerer Weingüter wie Kana (www.kanawinery.com) oder Gilbert Cellars (www.gilbertcellars.com), sondern – passend zum wichtigsten Hopfenanbaugebiet der USA – hervorragende Kleinbrauereien mit Brewpubs. In der Stadt sind es neben der Hop Nation Brewery (https://hopnationbrew.com) die Single Hill Brewing Co. (https://singlehillbrewing.com), die Wert auf regionale Produkte legt, oder die winzige Redifer Brewing Co. (https://rediferbrewing.com).


Etwas außerhalb, umgeben von Hopfenfeldern, lädt die Bale Breaker Brewing Co. (www.balebreaker.com) Bierkenner ein. Vor sechs Jahren als eine der ersten Brauereien im Yakima Valley gegründet, ist BBBC inzwischen die fünftgrößte in Washington State.

Die Brauerrei kann besichtigt werden

Meghann Quinn stammt aus einer Hopfenbauer-Familie und hat zusammen mit Ehemann Kevin Quinn, mit ihrem Bruder und Chef-Braumeister Kevin Smith und Vater Patrick Smith die Brauerei gegründet. Man legt nicht nur Wert auf hohe Qualität, sondern verwendet ausschließlich den selbst angebauten Hopfen. Mittlerweile werden im ganzen Tal um den kleinen Ort Moxee, der sich „Hop Capital“ nennt, zahlreiche verschiedene Sorten angebaut, z.B. Simcoe, Cascade, Citra, Mosaic, Warrior oder die derzeit angesagte Sorte Loral.

„Wine is Food, Wine is Life“

Walter Clore Culinary Center

So lautet das Motto von Jane Pearson, die zusammen mit Ehemann und Winzer Larry die Tapteil Vineyards (www.tapteil.com) betreibt. Um diese Haltung auch den Kunden näher zu bringen, befindet sich in der kleinen Ortschaft Prosser, zentral im Yakima Valley gelegen, das Walter Clore Wine & Culinary Center (www.theclorecenter.org) – Treff der Winzer und Weinliebhaber. Hier stehen „Education & Experience“ im Mittelpunkt.

Gemütliches Winetasting

In dem geräumig-hellen Tasting Room und Laden werden wechselweise verschiedene Weinregionen und Wineries vorgestellt. Die Pioniere der Szene sind in der angeschlossenen Washington Wine Hall of Fame verewigt und es gibt regelmäßig Veranstaltungen, Kurse und Verkostungen zu unterschiedlichen Themen.

Walla Walla: „Plenty Water“

Gute zwei Fahrtstunden östlich Yakima liegt das beschauliche Städtchen Walla Walla – grob übersetzt: „Wasser im Überfluss“ – mit rund 33.000 Menschen. Die Region ist Heimat der Walla Walla-Indianer, auch „Waluulapam“ genannt. Sie gaben dem Tal und der Ortschaft im äußersten Nordosten Washingtons seinen Namen.
Im Frühjahr 1806 hatte der Stamm das Lewis & Clark Expeditionscorps, das im Auftrag von Präsident Jefferson den Nordwesten der USA erkundete, mit offenen Armen empfangen und bewirtet. Für die beiden Befehlshaber Meriwether Lewis und William Clark waren sie die freundlichsten Indianer, denen sie auf der dreijährigen Reise begegnet waren. Heute gehören die Walla Walla teils zu den Conferered Tribes of the Umatilla Indian Reservation, teils zu den Conferered Tribes and Bands of the Yakama Nation.

Heimat der Walla Walla-Indianer

Die Ursprünge des Ortes gehen zurück auf Fort Nez Perce, einer 1818 gegründeten Pelzhandelstation, und auf die 1836 eingerichtete Missionsstation von Marcus und Narcissa Whitman. Die Methodisten versuchten die lokalen Indianer zum Christentum zu bekehren, doch eine Masern-Epidemie, der viele Indianer zum Opfer fielen, führte dazu, dass Indianer 1847 die Missionsstation vernichteten und die Whitmans und andere Siedler töteten.

Education, Arts and Wine

Kunst auf dem Unicampus

Der Ort war bis zum Klondike-Goldrausch 1892 die wichtigste Stadt im Nordwesten, dann stieg Seattle zum neuen Zentrum auf und Walla Walla versank in einen Dornröschenschlaf. Heute gilt der Ort wieder als Geheimtipp und zwar aus drei Gründen: Ausbildung, Kunst und Wein. An die Whitmans erinnert das Whitman College, das als eine der besten – und teuersten – Hochschulen in Washington gilt. Die auf dem Campus verteilten Kunstwerke legen Zeugnis ab von der Qualität der Walla Walla Foundry (http://wallawallafoundry.com). Gegründet 1980, spielt die Kunstgießerei in der Kunstszene eine wichtige Rolle. Es gibt noch zwei weitere Universitäten in der Kleinstadt: die Walla Walla University und das Walla Walla Community College, berühmt für sein Institute for Enology and Viticulture (Weinbau).

L`Ecole No. 41

Die Bedeutung des Weins in der Region belegen unzählige Tasting Rooms im Städtchen, zudem gibt es Gelegenheit zum Probieren und Kaufen in den Weingütern selbst, zum Beispiel bei L’Ecole No. 41 (www.lecole.com), im Westen der Stadt. 1983 gegründet, war dieses Weingut einer der Wegbereiter des Weinbaus in Washington und genießt mittlerweile hohen Ruf in der Szene.

Bei Abeja (www.abeja.net) werden seit 2000 von Dan Wampfler und Amy Alvarez-Wampfler schwerpunktmäßig Cabernet Sauvingon, Merlot und Charodonnay produziert.

Abeja bei Sonnenuntergang

Nicht nur die Lage zu Füßen der Blue Mountains östlich der Ortschaft ist atemberaubend, das Weingut bietet Besuchern zudem ein Inn mit luxuriösen Zimmern und Suiten in verschiedenen Bauten. Highlight ist die Hayloft Suite über dem in einer umgebauten Scheune befindlichen Tasting Room.

Wie „international“ und attraktiv Washingtons Weinland und speziell die Walla Walla-Region ist, zeigt die Tatsache, dass viele Fachleute aus dem Mutterland des Weines hierhergekommen sind, um kreativ und innovativ ihr Glück zu versuchen. Die Französin Marie-Eve Gilla ist ein Beispiel: Nach fundierter Ausbildung in Frankreich kam sie nach Washington und arbeitete bei den Großen im Weingeschäft wie Argyle, Covey Run, Hogue und Forgeron. Seit Kurzem ist sie Winemakerin bei Valdemar Estates (www.valdemarestates.com), dem ersten spanischem Weingut im Tal. Ihr Ehemann, Gilles Nicault, arbeitet für die Long Shadows Winery (www.longshadows.com), ein weiteres hochkarätiges Weingut, das schon mehrfach für seinen Pedestal Merlot ausgezeichnet wurde. Jean-Francois Pellet schließlich – ein gebürtiger Genfer, den es ebenfalls nach Washington State verschlagen hat – ist Winemaker bei Pepper Bridge (www.pepperbridge.com) und Amavi Cellars (www.amavicellars.com).

Lond Shadows Winery

Information

Essen & Trinken

Übernachten

Touren

  • InquisiTours, www.inquisitours.com. Guy & Robin Glaeser bieten höchst informative, perfekt organisierte Touren durch Washingtons Weinland (und in andere Regionen Washingtons und Oregons) an.

©Text: M. Brinke – P. Kränzle
© Fotos: M. Brinke mit Ausnahme Red Mountain-Landschaft (©Discover WA Wine); Hotel Maison (©Foto Hotel Maison); Kana Winery (©Yakima Valley Tourism); Hop Nation Brewery Bar (©Visit Yakima); Whitman Mission (©Visit Walla Walla); Long Shadows Winery (©LongShadows).

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