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Prost! Auf Bierprobe in Denver/Colorado

Auf Brauereitour in Denver mit den Autoren mehrerer USA-Bände, darunter „USA-Westen“ und „USA-Nordwesten“, Margit Brinke – Peter Kränzle, im Juni 2018

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Colorado, der US-Bundesstaat hat mehr zu bieten als spektakuläre Berglandschaften oder buntes städtisches Treiben in Denver. Colorado ist neben Oregon und Kalifornien zugleich ein kulinarisches Zentrum im nordamerikanischen Westen, und das gilt besonders für die Braukunst.
Um die 350 Craft Breweries soll es hier geben, nur Kalifornien (ca. 760) hat deutlich, Washington State (370) knapp mehr. Zudem gehört Denver neben Portland/OR, Seattle/WA und San Diego/CA zu den Metropolen mit den meisten Brauereien im Stadtgebiet: Über 70 sollen es gegenwärtig sein.

Der große Unterschied

Als „Craft Breweries“ sind Kleinbrauereien – über 6.200 gibt es derzeit in den USA – in der Brewers Association zusammengeschlossen. Vor allem drei Kriterien unterscheiden diese von den „Giganten“ – wie der in Golden/CO beheimateten, weltgrößten Einzelbrauerei Coors:
1. Die Jahresproduktion darf nur bis 9,5 Mio. Hektoliter betragen;
2. Nur ein Viertel der Brauereianteile dürfen einem Konzern gehören und
3. muss das hergestellte Produkt prinzipiell aus Wasser, Malz, Hopfen und Hefe – entsprechend dem Bayerischen Reinheitsgebot von 1516 – bestehen.
Die Great Divide Brewing Co. und die Wynkoop Brewing Co. drängen sich Denver-Besuchern quasi auf: Great Divide als die größte und Wynkoop mit der Kneipe an der Union Station und nahe dem Coors Field, dem Baseballstadion, als die zentralste. „Es gibt jedoch eine Menge an kleineren Brauereien mit Pub oder Lokal, die einen Besuch wert sind,“ erklärt Steve Kurowski von der Colorado Brewers Guild und lädt zu einem Besuch von fünf ganz unterschiedlichen Craft Breweries ein.

Klein aber Fein

Erste Station ist Ratio Beerworks (Foto rechts), mitten im angesagten Viertel RiNo (River North), wenige Blocks nordöstlich der Innenstadt und des Baseballstadions. Traditionell, mit moderne, Twist – so sehen sich die Macher von Ratio, passend zu dem Viertel, das aufgrund seiner Kreativität und Musikszene bekannt ist. Auch die Wandbilder im „Biergarten“ zeugen davon. Scott Kaplan arbeitete einst für eine Plattenfirma, die u. a. die Punk Rock-Band von Zach Lowery unter Vertrag hatte. Als die Beiden auf Jason zumBrunnen trafen, verwirklichten sie vor drei Jahren die Idee eine eigene Brauerei zu gründen.
Braumeister zumBrunnen hat am Siebel Institute in Chicago und an der Doemens Akademie in Gräfelfing bei München Braukunst studiert und einige Jahre in der Wynkoop Brewery in Denver gearbeitet. Neben Lager gibt es in der luftigen Kneipe mit Terrasse immer India Pale Ale (IPA), Extra Pale Ale und ein American Pale Ale vom Fass. Beliebt sind aber auch „Dear You“, ein French Saison, und „Hold Steady“, ein Chocolate Rye Scotch Ale mit 7.5% Alkohol. Natürlich versucht man sich bei Ratio auch an den derzeit angesagten Trendbieren wie belgischen (v.a. Sours) oder in Eichenfässern gereiften Bieren. Noch wird kaum in Flaschen oder Dosen abgefüllt, das meiste Bier geht direkt über den Bartresen oder wird in „Growler“ (1,9 l, Edelstahl oder Glas) bzw. kleinere „Crowler“ (0,95 l-Dosen) abgefüllt.

Episches Bier

Nur wenige Schritte entfernt befindet sich ebenfalls in RiNo die Epic Brewing Co., 2010 in Salt Lake City gegründet und seit 2013 mit eigener Brauerei auch in Denver zu Hause. Epic ist wesentlich größer als Ratio, nach Great Divide die zweitgrößte Craft Brewery in Denver. Hier wird auch in Dosen und Flaschen abgefüllt und dazu gibt es einen Pub in einem luftigen Raum neben der Brauerei.
Epic ist stolz auf sein unglaublich vielfältiges Angebot: Es gibt stets etwa 25 verschiedene Biere vom Fass, insgesamt werden an die 60 Sorten – alle unfiltriert – im Jahr gebraut. Die Biere werden unter verschiedenen Aspekten angeboten: „easy drinking“, „don’t worry, be hoppy“ oder „big & boozy“. Neben verschiedenen IPAs – u. a. New England IPA, West Coast IPA oder English IPA – liegt der Schwerpunkt auf dunklen Bieren, oft im Fass nachgereift. Viele Biere haben dabei einen Alkoholgehalt von 8–12 % – „to be enjoyed slowly!“

„Made in Colorado!“

„Ich mag diese winzige Brauerei mit ihrer gemütlichen runden Bar,“ stellt Steve Little Machine Beer vor. Die in einem unscheinbaren Lagerhaus untergebrachte Kleinbrauerei liegt nur wenige Schritte vom Mile High Stadium, der Heimat der beliebten American Footballer Denver Broncos, entfernt, im Viertel Jefferson Park. Mike Dunkly, der oft selbst hinter der Theke steht, Brett Williams und Ben Chenard sind die Gründer dieser ersten und immer noch einzigen Brauerei in Colorado, deren technische Ausstattung komplett von einer einheimischen Firma, Forgeworks, stammt. Und natürlich werden für die Biere auch, soweit möglich, einheimische Produkte verwendet: „100% Natural – nothing artificial“.
Auch beim Bier gehen die drei mit Chefbraumeister Cory Carwatt (Foto) ungewöhnliche Wege. Nicht nur die Afrofrisur des jungen Braumeisters fällt auf, auch die Ideen sind ungewöhnlich: z. B. ein Bier aus dem Schnee der Rocky Mountains zu brauen. In der Kneipe gibt es in der Regel ein Dutzend Biere vom Fass, die Hälfte davon saisonale Sorten. Das Zentrum der Kneipe, die in die Brauerei übergeht, nimmt eine runde Bar ein, die etwa 30 Leuten Platz bietet.
Das Jahr über kommen bei Little Machine etwa 40 Sorten in den Ausschank. Zu den beliebten Standards gehören die IPAs wie Yafi, Phase Shifter 1.1. oder das Supercharger. Auch die dunklen Biere sind hervorragend: z. B. das Munich Thunder oder The Gaffer, ein London-style Porter. Ungewöhnlich: „Cyperflora“ – ein Hibiskus-Gose, sowie das Razz Against the Machine, ein Tart Rasberry Ale, das schon mehrfach ausgezeichnet wurde.

Beach Feeling bei Joyride

Joyride Brewing Co. liegt an der westlichen Stadtgrenze im Vorort Edgewater. „Hier kann man ein kühles Bier trinken und gleichzeitig den Blick auf den gegenüberliegenden Sloan’s Lake und die ferne Stadtkulisse genießen,“ schwärmt Steve. Die 2014 von Braumeister Dave Bergen zusammen mit Grant Babb und Brent Smith gegründete Brauerei ist in einem historischen Bau untergebracht, der 1910 als „Knoll’s Meat Market“ entstand. Heute befindet sich hier die Brauerei, eine Bar und als neueste Zufügung eine Dachterrasse.
Der See, auf den man blickt, entstand 1861 als der Rancher Thomas Sloan ein Wasserloch graben wollte und dabei auf ein Wasserreservoir stieß. Zunächst als „Sloan’s Leak“ bekannt, nutzten Brauereien im Winter das Eis. 1881 war hier zudem der erste Vergnügungspark westlich des Mississippi entstanden, in dem auch ein Elefant auftrat. Auf diese Vergangenheit nimmt die Brauerei Bezug, indem sie einen Elefant als Logo verwendet und eines der Biere „Ice Cutter Kölsch“ nennt. Auch hier ist die Bandbreite groß, ein Dutzend Biere vom Fass gibt es immer: Neben dem beliebten Kölsch gehören ein Pale Ale, mehrere IPAs, ein Amber und Stout sowie saisonale Biere dazu.

Schlägt ein wie eine Kanone

Golden steht für Bierfreunde gleichbedeutend mit der hier beheimateten Coors Brewery. Der Gigant dominiert auch das Stadtbild, betreibt er hier doch den größten Brauereikomplex der Welt. Doch in Golden verbirgt sich auch eine Kleinbrauerei – die Cannonball Creek Brewing Co. – deren Biere, vor allem die IPAs, erstklassig sind. Das Ambiente ist ungewöhnlich, versteckt sich die Brauerei doch in einer Einkaufsmall hinter einer Tankstelle.
Cannonball zählt zu den besten Kleinbrauereien in Colorado. 2013 gründeten Jason Stengl (Foto oben) und Brian Hutchinson, die beide zuvor lange bei Mountain Sun Pubs & Breweries in Boulder das Handwerk von der Pike auf gelernt hatten, die Brauerei in Golden. Als dritten Teilhaber konnten sie den einstigen Arbeitskollegen und Braumeister Jonathan Lee gewinnen. Der Name der Brauerei zeigt Heimatverbundenheit, schließlich nannte man früher den Clear Creek, der durch Golden fließt, Cannonball Creek.
Auch hier befindet sich der Schankraum in der Brauerei, mit einer Terrasse zum Parkplatz hin, wo wechselnde Food Trucks für das leibliche Wohl der Gäste sorgen. „We brew beer, we’d like to drink!“ – so lautet das Motto der Brauerei und so entstehen hier IPAs und Ales, die ihresgleichen suchen. Alleine 15 verschiedene Hopfensorten verwendet man dafür, ebenso verschiedene Hefestämme. Aushängeschild und mehrfach ausgezeichnet ist Trump Hands, vielleicht das beste IPAs, das wir je probiert haben. Zwar nur 4,7%, dafür voller Geschmack und mit dezenter, zitronig-traubenartiger Hopfennote. Gehaltvoller ist das Mindbender IPA sowie Felix da Stout oder das Brickyard Porter. Gelungen ist auch das Pilsner, für das deutscher Hopfen und deutsches Malz verwendet werden.

INFOS:
Hinweis: Die meisten der kleineren Craft Breweries bieten kein Essen im Gebäude an. Dafür stehen vor der Brauerei meist wechselnde Food Trucks, an denen man Essen bestellen und zum Bier konsumieren kann.
– Colorado Brewers Guild, https://coloradobeer.org
– Ratio Beerworks, 2920 Larimer St., http://ratiobeerworks.com
– Epic Brewing Co., 3001 Walnut St., www.epicbrewing.com
– Little Machine Beer, 2924 W 20th Ave., www.littlemachinebeer.com
– Joyride Brewing Co., 2501 Sheridan Blvd., Edgewater, http://joyridebrewing.com
– Cannonball Creek Brewing Co., 393 Washington Ave., Golden, www.cannonballcreekbrewing.com

© Text: Dr. M. Brinke – Dr. P. Kränzle
© Fotos: M. Brinke sowie Colorado Brewers Guild (Logo)

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