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Old Fort Niagara – Eine fast 340 Jahre alte Festung

Zugegeben, die Niagarafälle sind eine einmalige Attraktion, doch auch ein altes Fort, nicht weit entfernt, stellt ein besonderes Sight dar. Es wird hier vorgestellt von den Autoren mehrerer USA-Bände, darunter „USA-Nordosten“ und „USA-Ostküste“, Dr. Margit Brinke – Dr. Peter Kränzle, August 2019

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Niagara Falls

Millionen Besucher stehen jedes Jahr staunend vor den tosenden Niagara Falls, doch nur die Wenigsten folgen dem Niagara River weiter flussabwärts zur Mündung in den Lake Ontario. Lohn für die Fahrt an die Stelle, wo sich der Niagara River in den Lake Ontario ergießt, ist abgesehen vom traumhaften Rundum-Ausblick ein Kuriosum: Man blickt auf den kanadischen Ort Niagara-on-the-Lake auf der anderen Uferseite des Niagara Rivers und zwar Richtung Süden! Am fernen Horizont des schier endlos erscheinenden Lake Ontario taucht dazu die Skyline der kanadischen Metropole Toronto mit dem unübersehbaren CN Tower aus dem Dunst auf.

French Castle

Nun versteht man auch, warum dieser Ort einst eine so wichtige, strategische Bedeutung hatte und warum sich hier mit Old Fort Niagara eine fast 340 Jahre alte Festung erhalten hat. Die heute über dem historischen Gelände wehenden Fahnen, repräsentieren die drei Epochen bzw. beteiligten Länder, und dazu ein Volk, das in der langen Geschichte eine große Rolle gespielt haben, da hier seine Heimat war: die Haudenosaunee, besser bekannt als „Iroquois Confederacy“ bzw. als „Six Nations“.

1678-1759 – Gateway to the West

Wegen seiner strategischen Bedeutung hatten schon 1679 die Franzosen Fort Conti errichtet. Hier landeten die französischen Versorgungsschiffe aus Fort Frontenac (heute Kingston/Ontario) an. Aufgrund einer Nachlässigkeit brannte das Fort noch im gleichen Jahr ab, doch weil die hier lebenden Seneca, Teil der Six Nations, den Franzosen nicht unbedingt freundlich gesonnen waren, bauten diese 1687 während eines Feldzugs gegen die Irokesen erneut eine Befestigung: Fort Denonville. Es wurde nach dem ersten Winter wieder aufgegeben.


Als sich dann der Konflikt zwischen Frankreich und den Briten zuspitzte, entstand 1725 erneut ein Posten, dieses Mal mit Erlaubnis der Irokesen. Als „House of Peace“ getarnt, wurde das Magazin Royale 1727 zur Fortress Niagara ausgebaut und bildet bis heute den Kernbau der Festung; es wurde auch „French Castle“ genannt. Das Fort hatte zwar große Bedeutung für die Versorgung des Westens unter französischer Herrschaft, spielte militärisch bis zum French and Indian War (1754-1763) jedoch keine Rolle.

1759-1796 – Guardhouse of the Great Lakes

Im Sommer 1759 belagerten Briten unterstützt von Irokesen das Fort. Am 25. Juli 1759 kapitulierten die Franzosen und das Fort wurde den Briten übergeben. Sie machten Fort Niagara zu ihrem wichtigsten Standort an den Great Lakes. 1761 stand die Befestigung im Zentrum der Verhandlungen mit den Indianerstämmen der Region. Ein geschlossenes Abkommen unter Sir William Johnson wurde von anderen Offiziellen und Händlern unterwandert, sie sprachen den Indianern weiterhin ihre Rechte ab. Folge war der sog. Pontiac-Aufstand, 1763–1766, ein einschneidendes Ereignis, das das Verhältnis zwischen Indianern und Weißen im Nordosten dauerhaft beeinträchtigte. Das Fort selbst war als Militärposten mittlerweile hinfällig geworden und verfiel, obwohl weiterhin Truppen stationiert waren.

1796-1872 – A Defended Border

Auch im Unabhängigkeitskrieg spielt das Fort zunächst keine große Rolle. Erst nach einem Angriff einer Armee aufständischer Kolonien unter General John Sullivan gegen Loyalisten und die Irokesen, wurde das Fort zum britischen Bollwerk, in dem auch viele Indianer Zuflucht suchen. 1783 fiel es nach dem Friedenschluss von Paris an die USA, offiziell wurde es erst im Sommer 1796 übergeben.


Unter US-Flagge wurde das Fort auf einen Schlag bedeutend als die Briten am kanadischen Ufer 1799 Fort George errichteten. Im War of 1812 eroberten britische Truppen am 19. Dezember 1813 das Fort, mussten es jedoch nach dem Friedenschluss von Gent 1814 den US-Truppen zurückgeben. Mit der Eröffnung des Erie Canals 1825 verlor es auch die Bedeutung als Stopp an der Handelsroute Richtung Westen und geriet in Vergessenheit.

1872–1963 – New Fort Niagara

1865 wird Fort Niagara wieder besetzt, es entstehen zahlreiche Neubauten. Das „New Fort Niagara“ wurde vor allem zur Ausbildungsstätte der U.S. Army, und das bis 1963. Danach wurde das ganze Areal als State Park unter Schutz gestellt. Bereits 1934 war der alte Kern auf Bestreben der Old Fort Niagara Association als Museum zugänglich gemacht worden.

Rundgang durch Old Fort Niagara

Ausgangspunkt für einen Rundgang über das Gelände ist das Visitor Center mit Museum, wo auch ein Einführungsfilm gezeigt wird. Highlight ist die historische US-Flagge, die einst von den Briten bei der Eroberung im Dezember 1813 geraubt wurde. Sie befand sich im Besitz der Familie von General Drummond, der damals die britischen Truppen befehligt hatte. 1994 erwarb die Old Fort Niagara Ass. die Flagge von der Familie und stellt sie seither aus.
Vorbei an Festungsmauern und -gräben betritt man durch das Gate of Five Nations (1756) Old Fort Niagara. Durch die South Redoubt (1770) geht es in den Innenbereich, wo das Provisions Storehouse (1762), das Powder Magazine (1757), die Log Cabin & Trading Post – ein Nachbau von 1932, da die historischen Holzbauten alle zerstört wurden – , das Bakehouse (1762) und das „French Castle“ (1726/7), der Hauptbau, zu besichtigen sind. Kostümierte Mitarbeiter auf dem Gelände erklären die verschiedenen Epochen und geben Einblick in das Leben der Händler, der Soldaten und der Indianer. Irokesen erzählen selbst von ihren Vorfahren und geben Vorführungen z.B. im Stickball, einer beliebten indianischen Freizeitbeschäftigung.
Außerhalb des Forts kann das Fort Niagara Lighthouse von 1871, das bis 1993 benutzt wurde, besichtigt werden.

INFO
Old Fort Niagara SP, 102 Morrow Plaza, Youngstown, www.oldfortniagara.org, https://parks.ny.gov/historic-sites/31/details.aspx
New York State: www.iloveny.com
Niagara Falls National Heritage Area: www.discoverniagara.org

© Text & Fotos: M. Brinke – P. Kränzle

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