Kommentare 0

William Penn und seine Maximen für ein glückliches Leben

Ein Buchtipp von den Autoren mehrerer USA-Bände bei Iwanowski’s, u. a. „USA-Ostküste“ oder „USA-Nordosten“, Dr. Margit Brinke – Dr. Peter Kränzle, September 2018

Dass der Name des heutigen US-Bundesstaats Pennsylvania, eine der 13 Gründungskolonien der USA, auf den Gründer William Penn (1644–1718) zurückgeht, dürfte bekannt sein. Doch wer dieser Penn denn eigentlich genau? Einblicke und Antworten bietet ein Buch aus dem Cotta-Verlag, das in Erinnerung an den englischen Gentleman, Rechtsanwalt, pazifistischen Quäker und visionären Staatsgründer genau 300 Jahre nach seinem Tod erschienen ist.

Früchte der Einsamkeit

Obwohl William Penn eine der bedeutenden Persönlichkeiten der neueren Geschichte ist, kennt man ihn hierzulande kaum (mehr). Dabei zählt er zu den Urvätern des amerikanischen Freiheitsgedankens. Mit der Kolonie Pennsylvania hatte er ein Refugium für Menschen aller Ethnien und Religionen geschaffen und sogar den indianischen Ureinwohner einen gleichberechtigten Platz eingeräumt.

In dem 313 Seiten starken Buch „Früchte der Einsamkeit. Reflexionen und Maximen über die Kunst der Lebensführung“ kommt Penn selbst zu Wort. Bereits in der Mitte seines Lebens notierte er diese Maximen, mit denen er Lesern die Kunst der Lebensführung nahe bringen wollte. In klaren, dazu bildreichen und eingängigen Wendungen behandelt Penn zeitlose Themen wie Freundschaft, Ehe, Erziehung, Regeln für das gute Gespräch oder erfülltes Dasein. Dabei äußert er sich in visionärer und teils utopischer Weitsicht über Fragen des gerechten Lebens und des toleranten Umgangs mit allen Menschen.

Die Wiederentdeckung dieses Klassikers ist Herausgeber Jürgen Overhoff und Übersetzer Joachim Kalka zu verdanken. Denn Penns Gedanken, Beobachtungen und Ratschläge sind bis heute hochaktuell. Auf einer etwa 70 Seiten umfassenden Einleitung führt Overhoff, der derzeit an der Universität Hamburg Historische Pädagogik und Neuere Geschichte lehrt informativ in Leben und Werk von William Penn ein.

Verehrt von Goethe und Voltaire

Schon Goethe und Voltaire verehrten den philanthropischen Gründer Philadelphias, der ersten amerikanischen Hauptstadt. Ebenso waren sie voll des Lobes über seine Forderung nach einer mehrkonfessionellen und toleranten Gesellschaft, bestehend aus Menschen aus aller Welt, denen er in seiner Kolonie und der „Stadt der brüderlichen Liebe“ den Boden bereitete.
Als Quäker, überzeugter Pazifist und vehementer Verfechter von Gleichheit und Gerechtigkeit eckte Penn jedoch auch an, verbrachte immer wieder Zeit im Gefängnis oder zog sich aus der Öffentlichkeit zurück. Diese Phasen der erzwungenen Einsamkeit nutzte er um seine Ideen zu Papier zu bringen – daher auch der Titel: „Früchte der Einsamkeit“.
Als Penns als Marineoffizier geschätzter Vater 1670 stirbt, hinterlässt er seinem Sohn nicht nur ein stattliches Vermögen, sondern auch den Anspruch auf die Rückzahlung der Schulden, die König Charles II. bei dem alten Penn gemacht hatte. Statt einer Rückzahlung kann William Penn den englischen König jedoch überreden, ihm mit Landbesitz der englischen Krone in Nordamerika zu entschädigen.

Ein „heiliges Experiment“

Penn sah seine Kolonie, die er in Erinnerung an seinen Vater „Pennsylvania“ – „Penns Waldland“ – nannte, als „heiliges Experiment“. In der Tat ist Pennsylvania mit der Stadt Philadelphia der mutige Versuch, eine mehrsprachige, multikonfessionelle und -ethnische Gesellschaft aufzubauen. Sogar die im Umland Philadelphias lebenden Lenni Lenape-Indianer haben ihren Platz und werden sogar für die Landnahme entschädigt.
Im Zentrum des Bandes stehen die Gedanken von William Penn, die er zwischen 1690 und 1692 niedergeschrieben hat. 1693 war der erste Teil erschienen, 1702 ein zweiter, acht Jahre nach seinem Tod erstmals eine Gesamtausgabe. Die erste deutsche Ausgabe folgte 1785, übersetzt und herausgegeben von Johann Friedrich Schiller, dem Cousin des berühmten Dramatikers, bei Cotta. Der Klett-Cotta Verlag besann sich seiner Wurzeln und veröffentlichte eine brillante Neuübersetzung von Joachim Kalka, der „möglichst getreu Duktus und Haltung des Originals wiedergeben“ will.

Universale und zeitlose Ideen

In zwei Teilen werden dabei die „Früchte der Einsamkeit“ vorgestellt, gegliedert nach Themen (z. B. Unwissenheit, Erziehung, Üppigkeit, Fleiß, Rechte Ehe, Wissen, Witz, Privatleben, Vom Reden, Vom Leben des Menschen usw.). Wer jedoch glaubt, nur Ideen aus der Vergangenheit zu finden, unterschätzt Penn, dessen kluge Überlegungen universal und zeitübergreifend zu verstehen sind.
Dazu sei ein Beispiel angeführt, das an die heutige politische Situation bzw. die Politiker in Europa oder USA erinnern mag: „Der eitle Mann ist eine widerwärtige Kreatur“, schrieb Penn, „er ist so sehr von sich selbst erfüllt, dass er keinen Raum für irgendetwas anderes hat, sei es noch so gut und würdig.“ Und dem eitlen Schwätzer rät er: „Wenn du zweimal nachdenkst, ehe du einmal sprichst, wirst du zweimal so gut sprechen.“ Dem ist nichts hinzuzufügen. Außer, dass dieses schön gestaltetes Buch purer Lesegenuss ist und sich zudem gut als Geschenk eignet.

William Penn, Früchte der Einsamkeit.
Reflexionen und Maximen über die Kunst der Lebensführung (COTTA, Stuttgart 2018); herausgegeben und mit einer Einleitung versehen von Jürgen Overhoff, aus dem Englischen von Joachim Kalka nach dem Original „Fruits of Solitude“ (London 1726),
313 Seiten, 28 €, ISBN: 978-3-7681-9903-2

© Text und Fotos: M. Brinke – P. Kränzle mit Ausnahme Buchcover (© Verlag).

Schreiben Sie eine Antwort


Time limit is exhausted. Please reload CAPTCHA.