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USA-News # 9

„… Angriff auf die Festung der Freiheit …“

Die offizielle Bekanntgabe der Ergebnisse der Präsidentschaftswahl durch den U.S. Congress unter dem amtieren Vize-Präsidenten ist nach dem Electoral Count Act von 1887 eigentlich eine Formsache. Doch an diesem 6. Januar 2021 wurde die Auszählung der Stimmen der 538 Wahlmänner aus 50 Bundesstaaten und von Washington, D.C. durch einen letzten bösartigen Akt treuer Trump-Anhänger gestört. Angestachelt durch eine Rede des abgewählten Präsidenten vor dem Weißen Haus, marschierte eine Gruppe von Anhängern, teils mit Transparenten, teils wohl auch bewaffnet, zum Kapitol, wo Senat und Repräsentantenhaus tagten, und stürmten den Bau.

Als einen „assault on the citadel of liberty“, als einen Angriff auf die Festung der Freiheit, bezeichnete später der gewählte Präsident Joe Biden den Sturm des Mobs. Die Sicherheitskräfte des Kapitols wirkten zunächst hilflos gegen die Randalierer, die Scheiben einschlugen, Barrieren einrissen, in Büros eindrangen und sich wie eine Mischung aus Hillbilly-Touristen mit Handys in der Hand und randalierenden Radikalen verhielten. Die Politiker mussten sogar zeitweilig evakuiert werden. Erst als Vize-Präsident Mike Pence Einheiten der National Guards und Beamte des FBI anforderte, konnte durch den Einsatz von Tränengas und dem Gebrauch von Schusswaffen der Bau geräumt werden. Am Ende gab es vier Tote und zahlreiche Verletzte und über 50 der Eindringlinge, darunter der Chef der rechtsradikalen „Proud Boys“, wurden festgenommen.

Um die Standhaftigkeit der Demokratie zu demonstrieren, nahmen die beiden Kammern des Parlaments noch in der Nacht die Sitzung wieder auf. Wie erwartet, versuchte eine Hand voll verblendeter Republikaner, angeführt von den Senatoren Ted Cruz aus Texas und Josh Hawley aus Missouri, die Wahlergebnisse in einigen umstrittenen Staaten in Zweifel zu ziehen. Da die überwiegende Mehrheit beider Kammern jedes Veto ablehnte, beschleunigte Vize-Präsident Pence am Ende das Procedere und am frühen Morgen des 7. Januar 2021 wurden schließlich Joseph R. Biden Jr. formell zum Präsidenten und Kamala Harris zur Vize-Präsidentin ernannt.

Das schon lange bekannte Ergebnis von 306 Wahlmännerstimmen für Biden und 232 für Trump ist damit amtlich. Am 20. Januar 2021 um 12 Uhr tritt nun nach der Inauguration mit der Vereidigung Joe Biden das Amt des 46. US-Präsidenten offiziell an.

Demokratische Mehrheiten im U.S. Congress

Angesichts der gewalttätigen Tumulte am 6. Januar 2021 im U.S. Congress geriet fast in Vergessenheit, dass am Tag zuvor die beiden Stichwahlen für die Senatorensitze Georgias stattfanden und diese für die Machtverteilung im Senat von entscheidender Bedeutung waren. Da sich beide demokratische Kandidaten durchsetzten konnten, herrscht nun im Senat eine Pattsituation. Da jedoch die demokratische Vize-Präsidentin Harris ggf. die entscheidende Stimme abgibt, haben die Demokraten auch hier nun, wie im Repräsentantenhaus, die Oberhand.

Für landesweites Aufsehen sorgte in Georgia der Sieg des schwarzen Pastors Raphael Warnock, der die amtierende republikanische Senatorin Kelly Loeffler klar schlug und als erster schwarzer Demokrat aus den Südstaaten in den Senat einziehen wird. Knapper und erst in der Nacht zum 7. Januar setzte sich dann auch noch Jon Ossoff, ein 33-jähriger Filmemacher und Journalist, gegen den amtierenden Republikaner David Perdue durch.

Corona-Hilfen für Amerikaner

Die zweiten „Stimulus Payments“ in Form von Schecks werden ab dieser Woche verschickt. Sie gehen an alle Amerikaner, deren letztjähriges zu versteuerndes Einkommen unter $ 75.000 liegt, bei Paaren unter $ 150.000. Die erste Corona-Hilfszahlung erfolgte im März 2020, damals $ 1.200. Jetzt sind es $ 600, obwohl Präsident Trump und die Demokraten $ 2.000 gefordert hatten, was jedoch von Trumps Parteikollegen im Kongress abgelehnt wurde. Eine dritte Auszahlung ist unter dem neuen Präsidenten Biden geplant.

Die Auszahlung erfolgt übrigens in den USA unbürokratisch und automatisch an alle Bürger, die die Einkommenskriterien erfüllen. Während hierzulande diverse, teils undurchsichtige, ständig wechselnde Hilfsprogramme zur Auswahl stehen, deren Endlos-Formulare und Bedingungen viele Bürger abschrecken, erscheint das Vorgehen in den USA beispielhaft.

New York in Corona-Zeiten

Von Entspannung im eigentlichen Sinn kann in NYC noch keine Rede sein. Wie überall weltweit, sind auch hier die COVID19-Zahlen noch beunruhigend hoch. Die meisten Shops und Einrichtungen sind dennoch (teils verkürzt) geöffnet, es bestehen Maskenpflicht und Abstandsregeln.

Wo es geht, wird improvisiert und man versucht, die New Yorker bei Laune zu halten: Es gibt eine „Restaurant Week To Go“ im Januar, „Iceless Curling“ im Bryant Park, beheizte Igloos und Cabins auf den Straßen oder 28 Glasbehausungen zum Reservieren und Essen auf dem Rooftop von Pier 17. Die City Winery (https://citywinery.com/newyork) hat am Rockefeller Center einen Open-Air-Wine Garden eingerichtet und Eataly NYC Flatiron betreibt auf dem Dach „SERRA Stellata“ (www.eataly.com/us_en/stores/nyc-flatiron/serra-by-birreria).

Um die Gemüter in der dunklen Jahreszeit aufzuheitern, ist außerdem für Ende Januar eine Kunstinstallation mit 25 regenbogenfarbigen Prismen entlang einem ganzen Straßenblock am Broadway geplant: „Prismatica“ (https://gothamtogo.com/the-downtown-alliance-lights-up-the-night-with-prismatica-nyc). Bei „Backyard at Hudson Yards“ wurde bis Ende Dezember ein Platz als Open-Air- Kino für Classic Movies genutzt.

Die Liste der aufgrund der Pandemie geschlossenen Lokale ist mittlerweile lang, doch es öffnen auch neue. Beispiele sind Burgie’s (Burger), Galioto’s (vegan-italien.), Tacombi (mexikan.), Crown Alley (Pub mit Craft Beers), Chip City oder das Pecking House (Chicken). Die meisten davon setzen auf Take-out und neue Imbisskonzepte, was nahe liegt, seit Governor Cuomo am 14. Dezember das Essen in Innenräumen wieder verboten hat.

Neuer Bahnhof für New York

Amtrak hat Anfang 2021 in Partnerschaft mit Empire State Development (State of New York) eine neue Bahnhofshalle, die Moynihan Train Hall, eröffnet. Sie vergrößert und verschönert den geschäftigsten Bahnhof der Stadt, die Penn Station, die bekanntlich unter dem Madison Square Garden in Midtown Manhattan liegt. Die Moynihan Hall befindet sich im historischen James A. Farley Post Office Building, das gegenüber der berühmten Sporthalle an der 8th Ave liegt.

Die Pennsylvania Station ist mit rund 600.000 Passagieren einer der weltweit geschäftigsten Bahnhöfe. Der im Untergrund befindliche Bahnhof ist nur ein Überbleibsel der alten Penn Station, die einst als prächtiges Pendant zum Postgebäude vom Architekturbüro McKim, Mead and White 1910 fertiggestellt wurde. In den 1960ern wurden große Teile abgerissen bzw. umgebaut, um Platz für den neuen Madison Square Garden zu machen.


Das noch erhaltene Farley Post Office Building im Beaux-Arts-Stil erbauten dieselben Architekten, ebenfalls 1910. Die neue Bahnhofshalle im Kern des historischen Baus wurde vom Architekturbüro SOM (Skidmore, Owings & Merrill) entworfen. Sie breitet sich auf 23.700 m² Fläche aus und wird von einer 28 m hohen, mehrteiligen Glaskonstruktion überwölbt, die an jene des Grand Central Terminal erinnert. Neben Läden und Imbissständen, befinden sich hier die Metropolitan Lounge als neue Amtrak-Wartehalle mit Balkon, Ticketschaltern und dem Gepäckservice vor allem für Amtrak-Passagiere. Auch das alte Postamt befindet sich weiterhin am Bau (Zugang 8th Ave). Kunstinstallationen von Stan Douglas u.a. schmücken die Halle, die nach dem verstorbenen Senator Daniel Patrick Moynihan (1927-2003) benannt ist.

Zugänge gibt es von der 8th und 9th Ave sowie von der 31st und 33rd Street. Der West End Concourse führt nicht nur zu den Gleisen, sondern dient auch als Zugang zur Eighth Avenue Subway (Linien A, C, E). Der neue Bahnhof dient als Zugang zu den Fernzügen von Amtrak und den Nahverkehrszügen der LIRR (Long Island Railroad), die Nahverkehrszüge von New Jersey Transit fahren weiterhin von der alten Penn Station unter dem Madison Square Garden ab. Ein unterirdischer Gang verbindet beide Bahnhofsteile.

Infos: https://nec.amtrak.com/project/moynihan-station und www.moynihantrainhall.nyc

© Text & Fotos: M. Brinke – P. Kränzle

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