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USA News #2

Während sich in Europa die Corona-Situation kontinuierlich verbessert, mehr und mehr Lockerungen in Kraft treten und der Reiseverkehr über die Landesgrenzen hinaus langsam wieder an Schwung aufnimmt, werden die USA von zuletzt wieder steigenden Corona-Zahlen erschüttert. Unter diesen Vorzeichen rückt das im Juni vom US-Präsidenten angekündigte „Opening Up“ in weite Ferne, zumal auch die Reisewarnung der Bundesregierung für Länder außerhalb Europas bis zum 31. August verlängert wurde.

Dabei ist die Corona-Situation in den USA keinesfalls einheitlich. Aufgrund der Größe des Landes – zur Erinnerung: Deutschland mit seinen etwa 357.000 qkm würde theoretisch fast 27mal in die USA (ca. 9,6 Mio. qkm) hineinpassen – und der dadurch bedingten sehr unterschiedlichen Bevölkerungsdichte gibt es durchaus Landstriche, für die Corona kaum ein Thema ist.

Report aus den Weiten des Westens

So schreibt unsere Freundin Terri aus der Ortschaft Dickinson im Westen des Bundesstaats North Dakota, dass seit Wochen nur eine einzige positiv getestete Person registriert wurde: Ein Sportler, der kurz in der alten Heimat zu Besuch war. Für die Bewohner des Landkreises – Dickinson ist Hauptstadt des etwa 3.500 qkm großen Stark County mit insgesamt rund 32.000 Einwohnern – gibt es also kaum Einschränkungen und man blickt eher mit Erstaunen auf den „Rest der Welt“.

In der Tat könnte man in North Dakota auch jetzt ohne größere Einschränkungen oder Regularien als Besucher die Weiten des Westens kennenlernen – z.B. bei einem Ausritt in die Badlands in und um den Roosevelt National Park bei Medora, westlich von Dickinson.

Dennoch sieht man die Unruhen und Demonstrationen in den Städten auch hier, „auf dem Land“, mit zunehmender Besorgnis. So befürchtet auch Terri, dass die amerikanische Gesellschaft auseinanderbrechen könnte. Ebenso hält sie es für längst überfällig, den alltäglichen Rassismus zu bekämpfen. Dabei stehen in North Dakota weniger die Afroamerikaner im Mittelpunkt als vielmehr die zahlreich in Reservaten beheimateten Ureinwohner. Von den etwa 762.000 Einwohnern des Bundesstaats sind rund 8 % Indianer, überwiegend Sioux (Lakota und Dakota), Anishinaabe (Chippewa) sowie die Three Affiliated Tribes (Mandan, Hidatsa und Arikara).

Wie differenziert man den allgegenwärtigen Rassismus betrachten muss, macht Terri am Fall der Sioux klar: Diese Gruppe geriet 2016 in die Schlagzeilen, als sie gegen den Bau der Dakota Access Pipeline (DAPL) protestierte. Natürlich kamen sofort Indianer-feindliche Parolen auf – sie würden sich gegen den Fortschritt stellen und die Wirtschaft behindern –, doch dann passierte etwas Ähnliches wie jüngst bei den „Black Lives Matter“-Demos: Gewaltbereite weiße Demonstranten aus allen Ecken des Landes strömten nach North Dakota und übernahmen das Kommando. Sehr zur Verärgerung der Sioux, die am Ende auf den Hinterlassenschaften der Zerstörungswut der angereisten Demonstranten sitzenblieben. Ihr ursprüngliches Anliegen ist dabei fast vergessen worden.

Gerade diese kleine Gruppe gewaltbereiter Demonstranten wird vom politischen Establishment und einem unfähigen US-Präsidenten benutzt um vor dem „linken Pöbel“ zu warnen und jegliches Umdenken vom Tisch zu wischen. Die Unfähigkeit, endlich soziale Reformen anzugehen und Gerechtigkeit für alle ethnische Gruppen zu erwirken, das ist es, was Menschen in den „Wide Open Spaces“, wie unsere Freundin Terri, mehr Angst machen als Corona-Virus und Covid-19…

© Text & Fotos: Dr. Margit Brinke – Dr. Peter Kränzle

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