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USA-Buchtipp: Paul Ingendaay. Mark Twain – Ein Leben in Bildern

Eine Buchtipp von den Autoren mehrerer USA-Bände, darunter „USA – Westen“ und „USA – Ostküste“, Dr. Margit Brinke – Dr. Peter Kränzle, Mai 2018

Inhalte


Tom Sawyer und Huckleberry Finn kennt jedes Kind, nicht aber Samuel Langhorne Clemens. Er schrieb unter dem Künstlernamen „Mark Twain“ ein wichtiges Kapitel Literaturgeschichte. Man kennt Twain von Fotos als gutmütigen, älteren Herrn im weißen Leinenanzug, mit wirrer weißer Haarmähne, Schnurrbart und verschmitzt funkelnden Augen. Twain wurde lange als Humorist und Kinderbuchautor, Volksschriftsteller und Bühnenclown abgetan, war jedoch ein weit gereister, vielseitig engagierter Mann. Als Journalist und Sozialkritiker, als Demokrat und Menschenrechtler kennen ihn die Wenigsten.

„Mark Twain“ neu im Deutschen Kunstverlag

Wer das Buch „Mark Twain“ von Paul Ingendaay liest, wird Twain rasch besser kennenlernen. Der Feuilleton-Europa-Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung in Berlin hat 2015 im Deutschen Kunstverlag eine neue Bildmonografie über Mark Twain verfasst. In dem fest gebundenen, handlichen und schön mit zahlreichen (historischen) Schwarzweiß-Fotos gestalteten Band stellt Ingendaay den extrovertierten Allrounder in mehreren Kapiteln und unter verschiedenen Aspekten vor.
Beginnend damit, wie Ingendaay Mark Twain kennenlernte – nämlich über die Verfilmung von Tom Sawyer und Huckleberry Finn – folgt eine Schilderung von Familie und Jugend („Mr. Clemens und Mr. Twain“).
Geboren am 30.11.1835 in Florida/Missouri, absolvierte Twain im nahen Hannibal, direkt am Mississippi, eine Ausbildung zum Drucker. Bereits als Jugendlicher verfasste er unter dem Pseudonym „W. Epaminondas Adrastus Blab“ politische Satiren für die Lokalzeitung. Seinen Spitznamen „Mark Twain“ erhielt er während seiner Ausbildung zum Schiffslotsen auf dem Mississippi 1857–1859; nach der Maßbezeichnung beim Loten der Flusstiefe. Diese Zeit hat Twain später in dem lesenswerten Bericht „Leben auf dem Mississippi“ (1883) festgehalten.

Ein Leben vom Goldgräber zum Reporter

1861 hatte sich Twain in Nevada unter die Gold- und Silbersucher gemischt, beschrieben in der Erzählung „Roughing it“ von 1872 (dt.: „Durch Dick und Dünn“). Die Suche nach dem kostbaren Edelmetall war jedoch wenig erfolgreich und er wurde Reporter in San Francisco. Teils groteske, teils mythische Wildwest-Erzählungen und politischen Satiren entstanden, ohne zunächst groß beachtet zu werden. Erst 1865 verhalf ihm „Der berühmte Springfrosch von Calaveras“ zu überregionalem Ansehen.
Auf Einladung nahm er 1867 an einer Reise auf einem Vergnügungsdampfer teil, während der das Genre des journalistischen Travelbooks mit „The Innocents abroad“ („Die Arglosen im Ausland“) geboren wurde und er seine Frau Olivia Langdon kennenlernte. Die Heirat mit ihr, 1870, brachte Stabilität (und Wohlstand) in sein Leben. Man zog gemeinsam nach Hartford, Connecticut, in ein ebenso luxuriöses wie kurioses Haus (Foto) – heute als Museum zugänglich.
1873 kam der erste Roman, „Das Goldene Zeitalter“ auf den Markt, war jedoch kein rechter Erfolg, denn Twain übte darin wie schon vorher in politischen Pamphleten und Reden, harsche Kritik am herrschenden politischen und wirtschaftlichen System.
Erst die „Die Abenteuer von Tom Sawyer“ (1876) und die Fortsetzung „Die Abenteuer von Huckleberry Finn“ (1884) besänftigten das Publikum wieder und verhalfen Twain zu ungeahnter Popularität, die ihn vermehrt zu Vortragsreisen nach Europa brachte. Ingendaay analysiert in dem Kapitel „Zwei Jungen, zwei Bücher“ en Detail Tom Sawyers und Huckleberry Finns Abenteuer. Während ersteres eher als Kinderbuch gehandelt wurde, schätzte man letzteres literarisch wesentlich höher ein.

Mark Twain – Erfolge und Verluste

Die letzten Jahre seines Lebens waren trotz seiner Beliebtheit seine schwersten: 1895 zwang hohe Verschuldung, verursacht durch Fehlinvestitionen und gescheiterte Spekulationen – eine Schwäche Twains –, den inzwischen 60-jährigen Autor zu einer 13-monatigen Vortragsreise durch Neuseeland, Australien, Indien und Südafrika, während der er frenetisch gefeiert wurde.
Während er reiste, starb zuhause seine 14-jährige Tochter. Ein Jahr später, 1904, folgte seine Frau Olivia und kurz vor seinem eigenen Tod seine zweite Tochter, Jean. Am 21. April 1910 starben mit Twain eine Legende und ein großer Literat. Beerdigt wurde er im Familiengrab seiner Frau in Elmira/New York, wo er zeitweilig auch wohnte und in einem ungewöhnlichen Pavilion (genannt „Study“) arbeitete.


Paul Ingendaay hat ein empfehlens wertes Lesebuch vorgelegt, das Twain aus verschiedenen Blickwinkeln würdigt und dazu mit einer Zeittafel und einer Biografie versehen ist. In verschiedenen Kapiteln skizziert er nicht nur Twains Leben, sondern lenkt den Blick auch auf sein literarisches Werk – und das Alles gelingt ihm vorzüglich.

INFO ZUM BUCH:
Paul Ingendaay, Mark Twain (Leben in Bildern),
gebundene Ausgabe 2015, 88 Seiten.
Deutscher Kunstverlag Berlin, www.deutscherkunstverlag.de.

© Text: Dr. M. Brinke – Dr. P. Kränzle, Fotos: © M. Brinke außer Buchcover (©Deutscher Kunstverlag).

 

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