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The Last Spike in Promontory Summit – 150 Jahre transkontinentale Eisenbahn

Die USA feiern die Fertigstellung der ersten transkontinentalen Eisenbahn vor 150 Jahren von den Autoren mehrerer USA-Bände, darunter „USA-Westen“ und „USA-Nordwesten“, Margit Brinke – Peter Kränzle, Mai 2019

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Vor 150 Jahren knallten mitten in der einsamen Hochwüste am Promontory Summit, im heutigen Bundesstaat Utah, die Sektkorken: Am 10. Mai 1869 hatte Leland Stanford, Präsident der Central Pacific Railroad (CP) mit einem goldenen Nagel symbolisch die erste transkontinentale Eisenbahnlinie Nordamerikas eingeweiht. Samuel S. Monague (CP) und Grenvile M. Dodge von der Union Pacific Railroad (UP) gaben sich die Hand und der Fotograf Andrew J. Russell hielt diesen denkwürdigen Moment, der als „The Last Spike“ in die Annalen einging, für die Nachwelt fest.

Promontory Golden Spike Lok

Bis zur Mitte des 19. Jh. hatte die Eisenbahn zwar den Ostteil der USA erobert, doch jenseits des Mississippi hatte die neue Fortbewegungsart noch nicht Fuß gefasst. Seit den Goldfunden im Westen und der Aufnahme Kaliforniens 1850 in die Union wurde die Forderung nach dem Bau einer transkontinentalen Eisenbahnlinie laut. Einer der ersten Verfechter war der Händler Asa Whitney (1797-1874), doch erst der Ingenieur Theodore Judah (1826-1863) brachte das Projekt so richtig ins Rollen.

Die „Big Four“

1861 war es Judah gelungen in Kalifornien vier bedeutende Männer für das Vorhaben zu gewinnen: Collis Potter Huntington und Mark Hopkins – beide gelangten während des Goldrausches zu Vermögen –, Leland Stanford – einflussreicher Politiker und Gründer der Stanford University – und Charles Crocker, erfolgreicher Unternehmer. Sie gründeten die Central Pacific (CP) und kontrollierten bald als „Big Four“ das Unternehmen.

Eisenbahnbau mit schwieriger Routenführung

Judah selbst hatte noch vor seinem frühen Tod an Gelbfieber im November 1863 mit der Routenplanung über die Sierra Nevada den Grundstein für den Bau gelegt. Crocker fungierte danach als leitender Ingenieur und setzte Judahs Werk fort. Nach anfänglichen Ressentiments heuerte Crocker Gastarbeiter aus China für die harte Arbeit an. Nicht nur ihr Fleiß, sondern auch ihre Präzision bei Sprengungen – besonders wichtig beim Bau der Eisenbahn durch und über die Sierra Nevada –, ließ sie fortan eine entscheidende Rolle im Eisenbahnbau spielen.

Staatliche Hilfe

Eine wichtige Rolle spielte auch US-Präsident Abraham Lincoln, der mit dem von ihm 1862 erlassenen „Pacific Railroad Act“, die staatliche Voraussetzung für die Gründung der Union Pacific (UP) legte, die den Bau der Linie von Osten her vorantreiben sollte. Das Gesetz wurde im Laufe der Jahre noch mehrfach modifiziert und garantierte der UP Landzuweisungen entlang der Bahnlinie sowie Staatsanleihen zur Finanzierung.

Es sollte jedoch noch bis zum Ende des Bürgerkriegs dauern, bis der Bau der Überlandstrecke so richtig in Schwung kam. Denn anders als die CP, die sich auf ihre chinesischen Arbeiter verließ, setzte die UP, deren führender Ingenieur der ehemalige Unions-General Grenville M. Dodge war, auf ehemalige Soldaten, die nach dem Bürgerkrieg arbeitslos geworden waren.

Das Rennen um die Fertigstellung

Nach dem Bürgerkrieg wuchsen die Eisenbahnlinien aus beiden Richtungen zusammen: von Sacramento Richtung Osten (CP) und von Council Bluffs/Nebraska Richtung Westen (UP). 3.000 km wurden durch Schienen verbunden und das ohne große maschinelle Hilfe. Kein leichtes Unterfangen, vor allem die Überquerung der Sierra Nevada stellte eine Herausforderung für die CP dar, die ab 1863 von Sacramento aus nach Osten vorgerückt war: Elf Tunnels mussten aus den Felsen gesprengt werden!

Etwa 1.800 km baute die UP ab 1865 von Council Bluffs durch die Prärie und über die Rocky Mountains, zumeist entlang der alten Siedlertrecks, Oregon, Mormon und California Trail. Wenig freundlich gesonnene Indianer und ein harsches Klima mit schneereichen Wintern, Überschwemmungen und heißen Sommern erschwerten die Arbeit. Je näher sich die beiden Bautrupps kamen, umso schneller wurde gebaut. Jede Gesellschaft wollte mehr bauen – und damit höhere staatliche Zuwendungen zu bekommen. Auch wenn der Bau der ersten transkontinentalen Eisenbahnlinie bis heute als Meisterwerk gefeiert wird, wurde zum Teil aufgrund der Eile schlampig und nur provisorisch gebaut. Vielfach musste deshalb in späteren Jahren erneuert oder komplett neu gebaut werden.

Die Erschließung des Westens

Und dennoch: Die transkontinentale Eisenbahn verband nicht nur den Osten der USA mit dem Westen. Zusammen mit wenig später erbauten weiteren transkontinentalen Linien – 1883 eröffneten sowohl die Route der Southern Pacific im Süden, als auch die Nordroute der Northern Pacific – trugen maßgeblich zur Erschließung des Westens bei.
Auch die Auswirkungen auf die Wirtschaft und Finanzwelt waren bedeutend: Finanziert durch den Verkauf von Anleihen an Investoren – zugestanden pro gebauter Meile – legten die beiden Eisenbahn-Gesellschaften CP und UP die Basis für die moderne Unternehmenswelt, mit allen positiven, aber auch negativen Folgen.

150 Jahre später erinnert die Golden Spike National Historical Site mit einem Museum sowie einem Lokschuppen mit den Nachbauten der beiden historischen Dampfloks – UP #119 und Jupiter #60 – an die mühevollen Anfänge. Mit der Bahnlinie war hier nicht nur ein Haltepunkt entstanden, sondern auch eine Siedlung. Allerdings verschwand auch Promontory wie viele der Ortschaften entlang der Strecke bald wieder von der Bildfläche. Das etwa 80 km nordöstlich gelegene Ogden wurde wenige Jahre nach der Eröffnung zum neuen Eisenbahnknotenpunkt. Die Route verläuft heute nicht mehr über Promontory, sondern weiter südlich auf Pfeilern mitten durch den Great Salt Lake.

Infos:
Golden Spike National Historical Site, Corinne/UT, www.nps.gov/gosp/index.htm, Visitor Center tgl. 9-17 Uhr, $ 10
Spike 150, https://spike150.org – Jubiläumsseite mit Hinweisen auf Events
Lesetipp: Stephen Ambrose, Nothing Like it in the World. The Men who Built the Transcontinental Railroad. 1863–1869 (2000).

© Text & Fotos: M. Brinke – P. Kränzle

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