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Die Stadt Helsinki und ihr „Underground Master Plan“

1917 erklärte Finnland seine Unabhängigkeit von Russland, seit einem Friedensvertrag von 1947 herrschen Friede und enge Verbindungen zwischen den beiden Nachbarn. Doch mit dem Kalten Krieg wuchs in Finnland auch das Unbehagen gegenüber der bedrohlichen Atommacht im Osten, mit der man sich 1.300 Kilometer Grenze teilt; eine Grenzlinie, die von der finnischen Hauptstadt nur 200 km entfernt liegt.

Schon in den 1960ern hatte Helsinki die Idee, seine Stadtplanung nicht nur auf die Oberfläche zu beschränken, sondern damit begonnen, einzelne Einrichtungen unter die Erde zu legen. In den 1980ern reiften dann die Pläne, unter Helsinki einen riesigen Komplex zu errichten, der u.a. im Ernstfall allen knapp 660.000 Einwohner*innen Helsinkis einen Platz im Luftschutzbunker bietet.

Vom unterirdischen Kunstmuseum „Amos Rex“ zeugen an der Oberfläche nur futuristisch anmutende „Maulwurfshügel“ | Foto: Judith Rixen

2010 wurden die Planungen perfektioniert, seither liegt ein so genannter „Underground Master Plan“ vor. Die unterirdische Ausdehnung der Stadt folgt dabei längst nicht mehr nur Erwägungen zur Sicherheit der Bewohner*innen Helsinkis. Die Erschließung zusätzlichen Platzes – aufgrund der Lage der Stadt auf einer Halbinsel entsprechend wertvoll – und die Möglichkeit, durch Verkehrstunnel den Lieferverkehr aus der Innenstadt herauszuhalten, um die Lebensqualität an der Oberfläche zu verbessern, sprechen ebenfalls für die Nutzung des Untergrunds. Außerdem hilft der Master Plan, von den Potenzialen der Energie aus 4.000 geothermalen Quellen zu profitieren, die unter dem Stadtgebiet liegen, und bringt Helsinki seinem Ziel, bis 2030 CO2-neutral zu werden, ein Stück näher. Der eiskalte Winter in Finnland trägt das Seine dazu bei, dass die Vorstellung der Helsinkier*innen, in der dunklen Jahreszeit vor der Kälte zu fliehen und sich zur Freizeitgestaltung unter die Erde zurückzuziehen, durchaus verlockend klingt.

Felsenkirche

In den Fels gesprengt: Die Temppeliaukion kirkko | Foto: Christine Gerhard

Dass die Stadt auf massivem, uraltem Granitgestein gebaut wurde, erleichtert zwar nicht unbedingt die Bohrarbeiten unter ihr, doch einmal errichtet stehen die Bauwerke unter Tage äußerst stabil und benötigen keine aufwendigen Stützkonstruktionen.

Neben der U-Bahn und unterirdischen Straßen findet man in Helsinkis Untergrund u.a. ein Schwimmbad inkl. Sauna, einen Konzertsaal für experimentelle Musik, Einkaufszentren, eine Kartbahn, Badmintonfelder, Skateboardhallen, einen Kinderspielplatz, die Felsenkirche Temppeliaukio und das Kunstmuseum Amos Rex. Aktuell existieren über 400 Einrichtungen unter Helsinki, 200 weitere befinden sich in Planung,  die Tunnel machen insgesamt eine Länge von fast 300 km aus.

Da von städtischer Seite die Kapazitäten fehlen, organisierte Führungen in Helsinkis Untergrund anzubieten, steht auf der Homepage der Stadt ein pdf bereit, das Besucher dabei unterstützt, die „Urban Underground Spaces“ auf eigene Faust zu erkunden: https://www.hel.fi/static/liitteet/kaupunkiymparisto/julkaisut/esitteet/esite-01-23.pdf

Finnland erhielt 2025 zum achten Mal in Folge das Prädikat „glücklichstes Land der Welt“ (UN World Happiness Report). Wer sich selbst auf die Suche nach dem Glück und ein Bild von der wunderbaren Natur Finnlands und seiner vielseitigen Metropole machen möchte, dem sei Iwanowski’s Reisehandbuch Finnland wärmstens ans Herz gelegt. Die Autorin Judith Rixen hat sechs spannende Touren zusammengestellt, die durch alle Landesteile von der lebhaften Hauptstadt Helsinki im Süden bis in die unendlichen Weiten Lapplands und weiter zum Nordkap führen.

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