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Berlin-Restaurant: Der Pauly-Saal – Sterneküche in der ehemaligen jüdischen Mädchenschule

Was alles aus einer Schule gemacht werden kann, und welche leidvolle Geschichte der deutschen Vergangenheit sich dahinter verbirgt! Also zunächst einmal eine historische Abschweifung…
Die Jüdische Mädchenschule wurde 1835 gegründet und 1930 durch den Neubau im Stile der „Neuen Sachlichkeit“ nach den Plänen des jüdischen Architekten Alexander Beer (1873 – 1944) erweitert. 14 Klassenräume sowie eine Turnhalle standen zur Verfügung. Auf den Dachgarten durften nur die älteren Schüler.

Nach der Machtergreifung Hitlers 1933 galt dann das unsägliche „Gesetz gegen Überfüllung deutscher Schulen und Hochschulen“. Damit durfte nur eine begrenzte Zahl von Kindern jüdischer Abstammung in normalen öffentlichen Schulen verbleiben. Die jüdische Schule nahm deshalb weitere Schülerinnen auf, und statt 400 wurden über 1000 untergebracht. Ab 1938 zwangsübersiedelte man viele jüdische Familien an die Ostgrenze zu Polen, immer weniger Schülerinnen kamen nach, so dass am 30 Juni 1942 auch diese Schule geschlossen wurde. Bis zum Ende des Krieges dienten die Räumlichkeiten als Militärkrankenhaus.

1950 wurde sie als Bertold-Brecht-Oberschule wieder eröffnet, aber 1996 wegen Schülermangels endgültig geschlossen und dem Verfall preisgegeben. 2006 wurde im Rahmen der Berlinale eine Ausstellung anlässlich des 100. Geburtstags der jüdischen Publizistin Hannah Arendt arrangiert. Arendt widmete sich sehr engagiert der Rettung jüdischer Kinder während der NS-Zeit.
Diese Ausstellung führte dazu, dass man sich einer neuen Nutzung des Gebäudes besann. Es wurde renoviert, und die gute, stilvolle Substanz blieb erhalten. Aktuell werden hier wechselnde Kunstausstellungen gezeigt, das Kennedy-Museum – ursprünglich am Pariser Platz – fand hier eine neue Heimat, und das Restaurant „Pauly-Saal“ etablierte sich hier. Damit wären wir endlich beim eigentlichen gastronomische Thema…

Pauly-Saal: Restaurant im Stil der Zwanzigerjahre beim Kennedy Museum

Berlin Restaurant, Pauly Saal, Iwanowski ReisetippDie erfolgreichen Gastronomen vom Grill Royal, Stephan Landwehr und Boris Radezun, haben sich von den „goldenen Zwanzigerjahren“ in Berlin inspirieren lassen. Bevor man aber in den Pauly-Saal eintritt, empfängt den Besucher eine tolle gediegene Bar, die zum Verweilen vor oder nach dem Essen einlädt. Im Restaurant beeindrucken die stilvollen Leuchter aus Murano-Glas, eine edle Einrichtung in angenehm warmen Farben, ein offener Blick in die Küche und die etwas befremdlich wirkende Rakete „Miss Riley“ der Künstlerin Cosima von Bonin.
Die Speisen orientieren sich an der deutsch-österreichischen Küche moderner Ausrichtung. Als Vorspeise sollte man auf jeden Fall die Brandenburgischen Gabelbissen wählen – leckere lokale Leckereien zum Naschen (13 Euro, ab zwei Personen). Danach vielleicht einen kross gebratenen Müritz-Zander (28 Euro)? Oder doch das Zweierlei vom pommerschen Rind mit Roter Beete, Trüffel und Feigenkompott (34 Euro)? Gut ausgewählte Weine – es stehen 600 verschiedene zur Auswahl (!) – zum Teil auch glasweise erhältlich, begleiten die kulinarischen Höhepunkte.
Der Besuch dieses wirklich erlebenswerten Restaurants lässt sich wunderbar verbinden mit dem darüber liegenden Kennedy-Museum.

Adresse: Pauly-Saal, Auguststraße 11–13, 10117 Berlin, Tel. 030/33006070, www.paulysaal.com, Mo–Sa 12–15 Uhr, und 18–3 Uhr

© Fotos und Text: Michael Iwanowski, Reiseveranstalter (Iwanowski’s Individuelles Reisen), Verleger und Reiseführer-Autor

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