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USA News #52

ZUR LAGE DER NATION

“Wie könnt ihr dort noch hinfahren?”
“Haben sie euch überhaupt reingelassen?”
“Dieses Land muss man doch boykottieren!”

Nach unserer letzten, der bis dato 83. USA-Reise vor wenige Wochen, kam dann auch noch die Frage, ob diese Fahrt „bemerkenswerter“ gewesen sei als sonst. Warum sollte sie? Eigentlich müssen einen die Zweifel und Fragen nicht wundern, denn seit Amtsantritt von Donald Trump Ende Januar häuft sich die negative Berichterstattung hierzulande, zuletzt in einem umfangreicher Spiegel-Artikel. Vorurteile und Ängste, Neid und Unwissenheit prägen die hiesige Berichterstattung, es wird kaum noch recherchiert oder reflektiert – was zählt, ist negative Stimmungsmache. Man hat sich auf die „Amerikaner“ – als Pauschalbegriff! – eingeschossen, jeglicher Einspruch verpufft. Alles erinnert fatal an die negative Stimmungsmache gegen die „faulen und korrupten Griechen“ im Jahr 2008.

US-Demokratie in der Krise?

Anti-Trump Demo in Chicago

Zugegeben, die US-Demokratie erlebt vor ihrem 250. Geburtstag (2026) eine Krise – allerdings nicht die erste und nicht in jenem Ausmaß, wie hierzulande dargestellt wird. Das völlig andere politische/parlamentarische System in den USA wird gerade einer Prüfung unterzogen, was jedoch die Amerikaner mit weit mehr Gelassenheit hinnehmen als Außenstehende. Wie unterschiedlich das demokratische Verständnis ist, zeigten die Diskussionen um die jüngste Hitzewelle. Hierzulande wird sofort nach dem Staat gerufen, in den USA gilt noch immer der berühmte Satz des legendären Henry David Thoreau (1817-1862), Philosoph, Naturschützer, Rebell und Anarchist ein einem: „That government is best which governs least!“

Diesen Grundsatz „Die beste Regierung ist die, die am wenigsten eingreift“ hat sich die Trump/Vance-Administration als libertäre Bewegung neben ihrer rechtskonservativen Einstellung auf die Fahnen geschrieben. So erklärt sich auch der – bis dato großteils gescheiterte – Versuch, unsinnige Behörden und die Bürokratie zu verschlanken. Oft sinnlos erscheinende, zunächst brachial wirkende Präsidialerlässe werden übrigens oft schnell wieder von Gerichten gestoppt. Manche Bundesstaaten wie California, Colorado oder Washington boykottieren solche, denn seit Gründung der USA streiten die Bundesregierung und die Einzelstaaten immer wieder um Macht und Kompetenzen. Und selbst die Gründerväter, allen voran Thomas Jefferson und John Adams, waren über Kompetenzen und die Bedeutung und Macht des Präsidentenamtes nicht immer einer Meinung. Schon damals ging es um die Frage „King“ oder „No King“.

Anti-Trump Demo in Chicago

Übrigens: Nur rund ein Drittel der US-Gesamtbevölkerung hat den gegenwärtigen Präsidenten gewählt – genug, aber trotzdem nicht die Mehrheit. Schlimmer ist, dass etwa 40% der Berechtigten nicht zur Wahl gegangen sind. Inzwischen haben sich die Menschen vom ersten Schock erholt und der Widerstand wächst. So waren kürzlich in Chicago, wo wir zur größten internationalen Travel Trade Show der USA, dem IPW, eingeladen waren, Zehntausende auf den Straßen – landesweit waren es zur gleichen Zeit mehrere Millionen unter dem Motto „No King!“. Der Unmut wächst und die Vernunft kehrt zurück. Amerikanische Freunde, Kolleginnen und Kollegen sowie Tourismuspartner – egal, welcher politischen Gesinnung – entschuldigen sich im Gespräch oft vorweg für die Aktionen ihres Präsidenten – und betonen wie willkommen doch Reisende in diesem Land sind.

Problemlose Einreise in die USA

Nun zum praktischen Aspekt der Einreise in die USA, die hierzulande zuletzt immer wieder negativ in die Schlagzeilen geriet. Einzelfälle wurden aufgegriffen, von Einreisenden, die gegen Regeln verstoßen oder Formulare falsch ausgefüllt hatten, und zum „Normalfall“ erklärt. Bei formalen Fehlern oder sonstigen Unstimmigkeiten gibt es in jedem Einreiseland Probleme. Unsere Erfahrung bei der jüngsten Reise: Wir hatten in wenigen Minuten die Immigration hinter uns und zahlreiche andere Teilnehmer des Tourismuskongresses bestätigten die schnelle und mühelose Einreise. Nimmt man die Gepäckabfertigung hinzu, ist man übrigens selbst in Großflughäfen wie Chicago oder Newark (EWR) wesentlich schneller “durch” als beispielsweise im beschaulichen Münchner Flughafen.

Tourismuskonferenz IPW in Chicago

Auf der erwähnten Tourismuskonferenz IPW blieb das Thema Präsident und Politik übrigens weitgehend außen vor – „The White Elephant in the room“ –, aber immerhin machen sich die Amerikaner Gedanken, wie man den, wie sie zugeben, rückläufigen Tourismus (vor allem aus Europa) wieder ankurbeln kann. Man setzt z.B. verstärkt auf Luxury Travel und forciert bis dato weniger bekannte Regionen. Insgesamt blickt man stets nach vorn, während bei uns neben Arroganz ein ständiges Weinen und Wehklagen vorherrscht, und Angst geschürt wird. Gut, der Plan, sich mehr auf „Luxusreisen“ zu fokusieren, hat seine eigenen, nicht unbedingt nachvollziehbaren Hintergründe: Die enorme Verteuerung von Hotels, Dienstleistungen, Lebenshaltungskosten etc. seit Corona, kann bis dato auch durch den zuletzt gefallenen Dollar-Kurs nicht aufgefangen werden. Die USA sind unumstritten ein teures Urlaubsland geworden und längst nicht mehr für Jede/n erschwinglich. Die verstärkte Vermarktung von „Luxusreisen“ macht da wenig Sinn.

Kehren vor der eigenen Haustüre

Es ist auffällig, wie sehr gewisse Meinungsmacher versuchen davon abzulenken, was vor unserer eigenen Haustüre vorgeht. Wer macht sich schon Gedanken in Deutschland, in Urlaub in die Türkei (preiswert!), nach Italien (auf Goethes Spuren!), nach Ungarn oder Polen (billige Waren und üppiges Essen!) oder in arabischen Länder (Tophotels, sehr sauber!) zu fahren? Länder, in denen die Demokratie und die Menschenrechte mit Füßen getreten werden. Wie erklärt sich, dass plötzlich das Schengen-Abkommen über die Aufhebung der Grenzkontrollen hierzulande mehr und mehr außer Kraft gesetzt wird und Immigranten teils ohne Asylverfahren zurückgewiesen werden? Man sollte bitte überall die gleiche Messlatte anlegen und zunächst einmal auf den eigenen Kontinent blicken.

Wie kommt es, dass die USA zum „bösen Buben“ erklärt werden, der zwar im Krisenfall bisher gerne gesehener Verbündeter war und ist, aber sich ansonsten bitte europafreundlich und nett verhalten soll. Für die meisten Amerikaner handelt es sich gegenwärtig um eine negative Episode, die vorbeigeht, wie viele vorher. Es gilt in die Zukunft zu blicken und endlich fähige Politiker aufzubauen.

Grandiose Landschaft – Window Rock, Arizona

Die Besucherzahlen aus Europa sind in den USA rückläufig (jene aus Mittel- und Südamerika steigen hingegen an!), das ist Fakt. Ein „intellektuelles, politisch-sensitives Publikum”, wie es ein Verlag genannt hat, ruft zum Generalboykott dieses großartige Land auf, dessen Landschaften nichts an Reiz eingebüßt haben, dessen Städte vibrieren, dessen Menschen immer noch Gäste mit offenen Armen begrüßen. Wo sonst können in einem einzigen Land die konträrsten Erlebnisse und Eindrücke gesammelt werden: Endlose Weite und atemberaubende Landschaften, Nationalparks und faszinierende Städte, Wüsten und Hochgebirge, Meer und Seen, kulinarische Vielseitigkeit und Gastfreundschaft. Einen anderen Präsidenten? Wird es bald geben, nur Geduld, und etwas mehr Gelassenheit …


©Text & Fotos: Dr. Margit Brinke – Dr. Peter Kränzle

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