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Berlin: Theater im Kiez – Das Prime Time Theater im Wedding mit der sitcom „Gutes Wedding, Schlechtes Wedding“

Wir sind hier mitten im Kiez, mitten im lebendigen Stadtteil Wedding, dem ehemaligen Arbeiterviertel in Berlin. Neben Kreuzberg gibt es hier einen besonders hohen Migrantenanteil, vor allem aus der Türkei, aber auch aus vielen afrikanischen Ländern. Das Prime Time Theater öffnet die Bühne exakt zur TV-Prime-Time, eben um 20:15 Uhr.

Zuvor gilt es Karten zu ergattern. Das kann man an der Abendkasse erledigen, aber besser ist es, sie vorher an der Verkaufsstelle an der Müllerstraße zu kaufen. Da es keine Sitzplatzreservierung gibt, haben Kartenbesitzer direkt bei Öffnung der Pforten des Saals das Privileg, diesen zu „erstürmen“, und zwecks Reservierung, eine Jacke oder sonst ein Kleidungstück (es darf auch eine Decke über mehrere Sitze sein!) dort abzulegen. Dann kann man beruhigt in der Kantine vor der Vorführung essen.

Wedding ist ein Stück anderes Berlin, sicher nicht glänzend und fein, dafür aber ursprünglich, lebendig und ehrlich – hier sollte man hin, wenn man einen „Inside-Blick“ riskieren möchte.

Mit viel Ironie und intelligentem Witz

Das Theater selbst beschreibt sich auf seiner website wie folgt; „Indem wir gängige Film- und TV-Formate, wie Sitcoms, Krimis oder Western, mit viel Ironie und intelligentem Witz auf die Bühne bringen, setzen wir seit Anbeginn auf innovative Formate.“  Die Inhalte sind immer lokal, berlinerisch, meist auf Wedding konzentriert. „Gutes Wedding – Schlechtes Wedding“ sagt schon alles, es ist ein Dauer-Hit im Theater. Damit das ist Prime Time Theater bundesweit ziemlich einmalig. Die eigene Devise ist „Nah sehen statt Fernsehen!“ wird medial perfekt aus einer Mischung von Improvisationen, Live-Theater und eingespielten Themenkontexten umgesetzt. Die Figuren sind zum größten Teil konstant, wie es sich für eine Fortsetzungsserie gehört. „Zeitgemäßes Volkstheater in Form einer Soap“ so eine Zuschauerreaktion.

Info: Der Wedding ist traditionell ein Arbeiterstadtteil, in den in den letzten Jahrzehnten viele Migranten, vor allem türkischer Abstammung (18 % der Bevölkerung) gezogen sind. Ganz ohne Zweifel ist Wedding ein Problem-Stadtteil, in dem die Arbeitslosigkeit und Jugendkriminalität besonders hoch sind. Doch in den vergangenen Jahren ziehen hier Kreative hin, Künstler und Kulturschaffende – das trägt zum positiveren Image bei, wenn auch dieser Prozess langsam von statten geht.

Trotz des innovativen Ansatzes, ein modernes, publikumsnahes Format aus Film und Fernsehen auf der Bühne zu realisieren, erhält das Theater keine öffentliche Förderung, da Boulevard-Theater als nicht förderungswürdig betrachtet wird. Sehr schade, denn jährlich kommen immerhin 50.000 Gäste!

Kieztypische Gerichte in der Theaterkantine

Es geht im Theater sehr persönlich zu. Regisseur und Schauspieler begrüßen jeden Gast. 250 Personen finden Platz Es gibt tolle bequeme Sitze und die Bühnensicht ist gut. Eine eigene „Kantine“ bietet kieztypische Gerichte („Deutsch-Mediterrane Küche für alle“) für kleines Geld vor und nach den Veranstaltungen an (17.00–1.00 Uhr). Türkische rote Linsensuppe (1.90 Euro), Griechischer Bauernsalat mit Feta (7.90 Euro), Spinatlasagne (8.80 Euro), Wedding-Burger mit Pommes (7.80 Euro), Wildlachs mit Wildkornreis (9.50 Euro). Als Getränk kann man u.a. das Weddinger Eschenbräu vom Fass probieren. Reservierung möglich!

Lili Marleen: Sie stand dort, wo heute das Prime Theaters in Wedding begeistert

Anfang des 19. Jahrhunderts befand sich hier ein Freudenhaus. Und Lili Marleen wartete auf ihre Freier an der Laterne – in der Nähe war eine Kaserne an der Chausseestraße, so dass es genügend Kundschaft gab. 1815 verfasste der Wachsoldat Hans Leip zu Ehren von Lili die ersten 4 Strophen des sentimentalen Liebessongs. Lale Anderson verhalf ab 1939 diesem Lied zu Weltruhm. Dass es bei Soldaten an der Front sehr beliebt war, spiegelt die Sehnsucht nach Heimat und Wärme wieder. Allerdings hatte Lala Anderson Kontakte zu Schweizer Juden, und das missfiel Goebbels so sehr, dass er den Titel 1942 verbieten ließ. Der Wehrmachtssender Belgrad hatte damals eine ungeheure Verbreitung. Allabendlich spielte er das Lied vor den Abendnachrichten um 22 Uhr und noch einmal um Mitternacht. Die Alliierten liebten die englische Fassung, in Amerika kletterte der Song ganz nach oben in die Charts.

Adresse/Programm: Prime Time Theater, Müllerstraße 163B, 13353 Berlin, Tel. 030/49907958, Eingang Burgsdorfstraße, www.primetimetheater.de. U-Bahn U 6, Haltestellen: Wedding oder Leopoldplatz. Wichtig: Vorreservieren, da das Prime Time Theater meist bestens besucht ist.

© Michael Iwanowski, Verleger und Autor im Iwanowski’s Reisebuchverlag

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