Der besondere Lesetipp von M. Brinke und P. Kränzle, Autoren im Iwanowski’s Reisebuchverlag von „USA-Ostküste“, „USA-Nordwesten“ und anderen USA-Bänden, August 2014
Der schwarze, deutsche Entertainer, Comedian und Musiker, Moderator, Schauspieler, Coach und Autor Marius Jung hat Ende 2013 im Carlsen Verlag – bekannt für Comics, Kinderbücher und Jugendliteratur – ein Buch publiziert, das sich auf höchst witzige und doch ernsthafte Weise mit der Hautfarbe beschäftigt und überaus unterhaltsam und lesenswert ist.
Jung ist 1965 in Trier geboren, die Mutter Deutsche, der Vater US-Soldat, und im Rheinland aufgewachsen. Er sang im Chor, stand schon 16-jährig auf der Bühne, durchlief eine Theaterausbildung und sammelte Erfahrungen im klassischen Kabarett. Seit Ende der 1980er-Jahre begann er Kabarett, Comedy und Musik zu mischen und wandte sich der Stand-up-Comedy zu. Neben seiner Bühnenarbeit wirkte Jung im deutschen Fernsehen als Casting-Agent und als Coach für den deutschen Comedy-Nachwuchs. Selbst tourte er zuletzt 2013/2014 mit seinem neuen Programm „Leidenschaft to Go“ durch Deutschland.
„Singen können die alle“
„
Singen können die alle“, Ende 2013 erschienen, ist das erste Buch Jungs und allein schon wegen des quietschgelben Covers ein Eyecatcher: Abgebildet ist der Autor selbst (fast) nackt in voller Größe. Wer den Titel weiter liest, stutzt zunächst: „Neger“ ist schließlich heutzutage ein Tabuwort. Jung selbst sagt, es sollte von nicht-schwarzen Menschen nicht verwendet werden. Political Correctness ist gefragt und zu eben diesem Zweck hat er dieses hilfreiche »Handbuch für Negerfreunde« verfasst.
Jung hat „das Negerhandwerk gelernt“ und widmet sich dem „Neger“ und seinen Besonderheiten frisch und frech, mit viel Witz, Satire, Sarkasmus und Ironie. Seine Beobachtungen über den Umgang zwischen Schwarz und Weiß in Deutschland und über sein Leben als dunkelhäutiger Deutscher sind eine Mischung aus illustrierter Autobiografie, Geschichten, Essays und geschriebener Comedy. Jung berichtet aus dem Alltag, wie ihm wildfremde Menschen in die Locken greifen, sein Deutsch als „verdammt gut“ loben und baff erstaunt registrieren, dass er ja aus Köln stamme. Er gesteht, als Jugendlicher selbst zu Unrecht die »Rassismus-Keule« geschwungen zu haben, beklagt jedoch auch, dass ihm selbst im 21. Jh. noch Jobs verweigert würden, weil für schwarze Schauspieler vor allem Rollen als Musiker, Asylbewerber, Dealer oder Türsteher vorgesehen seien.
Ein Handbuch für Negerfreunde
Der Autor gibt Auskunft über alles, was man schon immer über „Maximalpigmentierte“ wissen wollte (aber nie zu fragen wagte) und er macht sich einen Spaß daraus, »Negerwitze« zu sammeln, wie zum Beispiel diesen: „Was macht ein Schwarzer auf einem Sofa? Ein Niggerchen“. Mit Witz und anhand persönlicher Erlebnisse führt Marius Jung so den „Hellhäutigen“ ihre Befangenheit vor Augen. Dabei wird der Text immer wieder von kleinen Kästen, betitelt „Fakten und Volkswissen“, unterbrochen. Man erfährt z.B., dass in Deutschland auf 270 Weiße ein einziger Neger kommt und in „Übungen“ lernt man über die Konversation mit dem „Neger“, über Begrüßungsrituale von Afrika über Lateinamerika bis Deutschland und kann schmunzeln über Zitate, die man dem richtigen Promi zuordnen soll.
Jung kann aber auch ernst sein und lehnt es beispielsweise ab, in der Kinderliteratur überkorrekt zu sein. Worte wie „Neger“ oder „Zigeuner“ nachträglich auszumerzen, ist seiner Meinung nach unnötig und unsinnig. Mark Twains Huckleberry Finn oder Pippi Langstrumpfs Vater, der „Negerkönig“, müssen vor einem anderen Hintergrund gesehen werden.
Nach Jung ist »Nicht das Wort [Neger] ist böse, sondern die Haltung dessen, der es in diskriminierender Absicht verwendet.« .
Marius Jung, Singen können die alle!
Handbuch für Negerfreunde.
Carlsen Verlag, Hamburg 2013
ISBN-13: 9783551684486
ISBN-10: 3551684480
8,99 Euro inklusive Ebook
© Text: M. Brinke-P. Kränzle, Fotos: Carlsen Verlag
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