Nur 60 Autominuten von Berlin entfernt, direkt an der polnischen Grenze, erreicht man die urtümliche Landschaft des Oderbruchs. Weit spannt sich der Himmel über das hüglige Land, und baumgesäumte Landalleen führen uns von den märkischen Sanddünenhügeln in das alte Urstromtal der Oder – eine einmalige Hinterlassenschaft der letzten Eiszeit. Dort, wo sich der Fluss in viele Einzelarme verzweigt und schon vom „alten Fritz“ gebändigt wurde, um die Menschen besser vor Fluten zu schützen und um fruchtbares Ackerland zu schaffen, finden wir eine der schönsten Naturlandschaften Deutschlands vor.
Pionier des Oderbruchs:
Der „Alte Fritz“, Preußens König Friedrich II.
Unter ihm wurde der Oderbruch zur Kulturlandschaft umgewandelt: Gefährdeten bis dahin Winter- und Frühjahrshochwasser Hab und Gut, wurde der Fluss begradigt und das Land mit einem Kanalsystem entwässert. Es entstand Neuland, und es gab etwa 40 Neugründungen, alle mit dem Zusatz „Neu“. Steuer- und Religionsfreiheit sowie Verzicht auf die Wehrpflicht zogen neue Siedler an.
Im äußersten Osten gelegen, fasziniert hier weitgehende Unberührtheit, ein Stelldichein von Feldern und Wiesen, ab und zu wunderschöne Kleinode und schmucke, historisch belassene Dörfer.
Hügeliges Land und idyllische Alleen – Das Oderbruch bei Berlin
Einen Zwischenstopp lohnt Marxdorf, wenige Kilometer westlich von Seelow. Ein Bilderbuchdörfchen, mit Dorfteich, alten Häuschen – viele davon mit historischen Alterspuren. 
Und hier liegt der Schechert´s Hof, eine kleine Fischgaststätte mit eigener Räucherei, einem kleinen Hofgarten und Sommerterrasse mit Taverne. Köstliche Fischgerichte bekommt man hier, ohne die Übertreibung eines Sternekochs, vom Inhaber Wolfgang Schalow, serviert. Die Ruhe der Landschaft und dieses idyllische Plätzchen, das sowohl innen und außen liebevoll gestaltet ist, genießt man am besten bei einem guten Glas Wein. Und in der kalten Jahreszeit gibt es u.a. „Ente kross“ oder „Quappe fangfrisch“ – Was braucht man mehr zur Balance!
Wiesen und Weiden an der Oder – Ein Ausflug ins Oderbruch
Nur eine halbe Stunde weiter nördlich erreicht man das pittoreske Dorf Groß Neuendorf. Direkt an der Oder gelegen eröffnen sich vom Deich aus weite, herrliche Ausblicke auf den Fluss, auf der anderen Uferseite liegt schon Polen. Juvenil wirkende Wiesenlandschaften, von Weiden durchsetzt, liegen hüben wie drüben. Der Hafen ist längst stillgelegt, dafür kann man aber im ehemaligen Maschinenhaus, einst für den Getreideabtransport errichtet, nett speisen und komfortabel schlafen. Direkt daneben das Hafenlädchen von „Frau Fritz“. Aus Sicht Friedrich des Großen berichtet sie u.a. über Entwicklung des Kulturraumes Oderbruch. Dahinter steht eine dynamisch-gestaltende junge Dame, Janett Perner, die neue Ideen für den Tourismus umsetzt.
Ein Theaterbesuch im Eisenbahnwaggon
Eine besonders pfiffige Idee von zwei theaterbegeisterten Männern war es, in einem alten Eisenbahnwaggon ein kleines Theater entstehen zu lassen. Mit viel Kreativität und Engagement erschufen der Schauspieler Albrecht Hoffmann und der Urberliner Coupletsänger Benno Radke aus einem 08/15 Waggon einen Salonwagen der Kaiserzeit. Jede freie Minute wurde neben den Auftritten gewerkelt und dekoriert. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Ein Theaterbesuch lohnt sich hier in jedem Fall und ist sehr gut mit einer kleinen Schiffstour auf der Oder zu verbinden..
Oder man fährt mit dem Fahrrad auf dem Deichweg, von dem aus man einen besonders schönen Blick in die Landschaft hat. Vielleicht ist die südlich gelegene Radwegekirche in Kienitz ein weiteres unikates Ziel? Im offenen Kirchenschiff liegt „Himmel & Erde“ ein wirklich hübsches, kleines Café. Und ein weiterer Beweis für die Kreativität der Oderbrucher. Ach, hier könnte man länger bleiben…
Schechert´s Hof, Marxdorf bei Seelow, Dorfstr. 35, 15306 Vierlinden/Ortsteil Marxdorf, www.schechertshof.de, Tel. 033470/4950 oder 0177/9694930. Vorbestellung ist gerade am Wochenende ratsam.
Hafenlädchen, Hafenstraße 2, 15324 Letschin /Ortsteil Groß Neuendorf, Tel. 033478/389988, www.oderland-touristik.de. Frau Janett Perner alias „Frau Fritz“ führt individuelle Touren durch das Oderbruch und seine Nachbarlandschaften inklusive der Landschlösser.
Maschinenhaus, Restaurant/Hotel, Hafenstrasse 2, 15324 Letschin/ Ortsteil Groß Neuendorf, Tel. 033478/387710. 9 Nichtraucher-Zimmer im ehemaligen Maschinenhaus für den Getreideumschlag am alten Hafen. Nette freundlich eingerichtete Zimmer, Restaurant mit einer übersichtlichen, guten Speisekarte für den normalen Anspruch.
Himmel & Erde, Schulstraße 15, 15324 Letschin / Ortsteil Kienitz, geöffnet Ostersonntag – Reformationstag (31.10.), 11–18 Uhr (Juni–August bis 19 Uhr) Di und Mi Ruhetag.
© Fotos und Text: Michael Iwanowski, Verleger und Autor im Iwanowski’s Reisebuchverlag
Der Iwanowski´s Reiseführer 101 Berlin, auch als ebook, enthält viele aktuelle Reiseinfos und empfehlenswerte Restaurants für einen individuellen und genussvollen Aufenthalt in Berlin.
